Das "Museo de las momias" ist eine der Hauptsehenswuerdigkeiten in Guanajuato. Ausgestellt werden jedoch keine Mumien im klassischen Sinne, also keine nach aegyptischer Art und Weise praeparierten Koerper. Heutzutage versteht man laut Mumienmuseum unter einer Mumie einen Koerper, der nach seinem Tode so vertrocknet ist, dass er seine Gestalt behaelt und ebenso konserviert werden kann wie zur Stunde seines Todes (naja, fast...).
In Guanajuato gibt es besonders viele dieser Mumien aufgrund einer besonderen Friedhofsregelung. Frueher durften die Toten in Guanajuato nur fuer fuenf Jahre in ihren Graebern ruhen. Wenn dann die Angehoerigen die Kosten danach nicht mehr tragen wollten, wurden die Ueberreste exhumiert (es soll allerdings auch die Verfahrensweise geben, dass Menschen direkt nach ihrem Tode mumifiziert werden - in diesem Falle hatte die Familie vorher die Entscheidung getroffen. Fuer den Toten stellt dies eine besondere Ehre dar, da er - meist in seinem besten Sonntagsstaat - fuer die Nachwelt erhalten bleibt). Viele dieser lufgetrockneten Koerper kann man sich im Museum anschauen. Es ist aber allgemein bekannt (sagt Stefan), dass Europaeer ziemlich bestuerzt auf die Ausstellung reagieren. Mir geht es dabei nicht anders. In den Raeumen las ich mir noch interessiert die Ausstellungstafeln durch und warf nur hin und wieder einen Blick auf die ledernen, mit Stoff- und Hautfetzen bedeckten Skelette. Dann kam ich aber in den Raum der "Angelitos", exhumierte Leichen von Babys. Sie werden Angelitos (Engelchen) genannt, weil man annahm, dass sie aufgrund ihres Alters noch so rein und unschuldig seien, dass sie direkt in den Himmel aufgestiegen waren. Angesichts dieser "Ausstellungsobjekte" verging mir allerdings die letzte morbide Lust, mir das Museum weiter anzusehen und ich stapfte zum Ausgang, so wie viele Europaeer vor mir. Die mexikanischen Reisegruppen hingegen verweilten lange in jedem Raum und liessen sich von ihrem Museumsfuehrer begeistert die kulturellen Hintergruende und Entstehungsgeschichten der einzelnen Mumien erklaeren. Hierin zeigt sich ein ganz wesentlicher Unterschied der mexikanischen Umgangsweise mit dem Tod zu unserer europaeischen, weshalb ich trotz meiner Abneigung gegen das Museum sehr fasziniert von dem Thema bin. In Mexiko sagt ein Sprichwort: "Der Mexikaner sucht , streichelt, foppt, feiert den Tod und schlaeft mit ihm. Er ist sein Lieblingsspielzeug und seine teuerste Geliebte". Das Spielerische spiegelt sich vor allem in der Begeisterung der Jugendlichen fuer "lebensmuede" Aktionen wieder, wie Autorennen in engen Tunneln. Derjenige gewinnt, der dem Tod am unbekuemmertsten ins Gesicht sieht. Die staendige Praesenz des Todes kommt aber besonders durch den Día de los muertos, einen der wichtigsten nationalen Feiertage, zum Ausdruck. Dieser Feiertag entspricht im urkatholischen Mexiko unserem Totensonntag. Doch wohingegen man in Europa in aller Stille und Trauer den Verstorbenen gedenkt, wird in Mexiko gefeiert. Für die Toten werden kleine Opferschreine mit Blumen und ihren Lieblingsessen im Haus der Familie aufgebaut. Dann findet sich die ganze Familie zusammen und bittet gemeinsam die verstorbenen Seelen zu Tisch. Zusammen ist, trinkt und tanzt man ausgelassen bis zum spaeten Abend. Schliesslich begleitet man die Toten zurueck zum Friedhof und verabschiedet sich von ihnen bis zum nächsten Jahr.
Dieses exotische Zeremoniell zeigt, wie der Tod in Mexiko aus der Stille des Privaten in die Öffentlichkeit geholt wird. Leben und Tod scheinen nicht wie bei uns zwei getrennte Welten zu sein, sondern nur zwei Aspekte der gleichen Realität. Der offene Umgang der Mexikaner mit dem Tod ist überall ersichtlich durch das Symbol des Skeletts. Im Frida-Kahlo-Haus schmücken grosse bunte Pappmaché-Skelette den ganzen Innenhof. An den Souvenir-Ständen gibt es haeufig kleine Skelett-Figuren oder Schluesselanhaenger zu kaufen. Auch die stilisierte Figur des Todes mit ihrer Sense und dem schwarzen Umhang ist auf Raeucherstaebchenverpackungen, Suessigkeiten oder als Faschingskostuem im Schaufenster zu sehen. Oder bei feierlichen Umzuegen, fuer die sich die Leute Totenkopffratzen ins Gesicht schminken.
Auch wenn mich diese Tradition etwas befremdet, wuerde ich mir wuenschen, dass wir uns ein bisschen dieser gemeinschaftlichen Erinnerung an die Verstorbenen, der gemeinsamen Trauerbewaeltigung und der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit abschauen wuerden.
martes, 6 de mayo de 2008
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