domingo, 25 de mayo de 2008
24.05.: Eine mexikanische Upper-Class-Hochzeit
Dagia hatte mich zu der Hochzeit ihrer Cousine eingeladen, welche am Samstag, den 24.05.2008 stattfinden sollte. Die Hochzeit sollte abends um acht mit der Trauungszeremonie beginnen und dann bis zum Morgengrauen andauern. Ich bezweifelte stark, ob die älteren Mexikaner dieser Nachtschicht gewachsen seien, aber ich sollte noch zum besseren belehrt werden. Ich setzte mich also Samstag mittag in den Bus in Richtung des Elternhauses von Dagia. Wie viele andere in ihrem Alter (Dagia ist immerhin 27 Jahre alt) wohnt sie noch bei ihren Eltern. In Mexiko ist es durchaus üblich, bis man eine eigene ausreichend bezahlte Anstellung gefunden hat, zu Hause zu wohnen. Auf dem Weg dahin rief sie mich jedoch an und bestellte mich zu einem nahe gelegenen Friseur. Dort warteten sie und ihre Freundinnen bereits mit Lockenwicklern in den Haaren und Plastikaufklebern auf den künstlich verlängerten Nägelchen, für die sie jeweils gut 50 Euro hinlegten. Angesichts der glühend heiss dampfenden Haarplätteisen konnte ich mich gerade noch vor einer überteuerten Verunstaltung meiner Haare drücken und wartete einfach geduldig, bis die Damen gewaschen, manikürt und gepudert waren. Anschliessend fuhren wir zu Dagia und stopften uns dort den Bauch voll. Dann führte sie mich in das Ankleidezimmer ihrer Schwester, die angeblich mehr meinen Massen entspräche als Dagia, um ein Kleid für mich zu suchen. Das mit den Massen stimmte nicht ganz. Das schliesslich ausgesuchte Kleid war immerhin so eng, dass der Reissverschluss nur mit Luftanhalten und gemeinsamen Ziehen und Zerren zu ging. Prompt wurde mir auch wieder schlecht im Auto. Das lag aber auch an der holprigen Fahrweise von Ricardo, einem Freund von Dagia, welcher uns beide zu der Trauung abgeholt hatte. Zudem sind auf Mexikos Strassen überall Stopper im Asphalt eingebaut. Doch anstatt tatsächlich langsamer zu fahren, geben die Mexis noch mal extra Gas, um so richtig flott drüberzuhüpfen. Autsch. Halbwegs pünktlich kamen wir dennoch an der Kirche in Coyoacan, dem bereits erwähnten zauberhaften Stadtteil Mexiko-Stadts, an. Die Kirche selbst war recht alt und hatte einen wunderbar idyllischen Vorhof mit grossen alten Bäumen und kleinen Pflastersteinwegen. Die Hochzeitsgesellschaft bewegte sich gerade ins Kircheninnere, wo sie sich nach Braut- und Bräutigamszugehörigkeit getrennt setzte. Ich folgte meinem Begleiter auf die Brautseite (Dagia hatte beim Friseur sitzend nebenher erwähnt, dass sie sich ja schon so darauf freue, dass Fernando, ihr bei mir nicht sonderlich beliebter Cousin, und ich zusammen auf die Hochzeit gehen würden. Mir klappte der Kiefer runter. Ich wusste ja nichts von meinem Glück. Immerhin konnte ich ihr dann vorsichtig klar machen, dass sie von ihrer Hoffnung diesbezüglich sich ein bisschen hatte davon tragen lassen. Ein bisschen sehr.). Die Trauungszeremonie war herzerwärmend und bewegend und unterschied sich sonst nicht sonderlich von allen anderen Trauungen auch. Es war eben eine katholische Hochzeit. Allerdings wird bei mexikanischen Hochzeiten scheinbar eine Musikzusammenstellung besonders gerne verwendet (immerhin wurden genau die selben Stück in der kleinen Kirche von Guanajuato gespielt). Der berühmte Hochzeitsmarsch als Einzug. Dann, nach dem Ja-Wort, das "Ave Maria". Und einige weitere, sehr bekannte Werke, die ich aber nicht benennen kann. Der Pfarrer hielt eine sehr warme und anrührende Rede über die Bedeutung der Liebe und den Gleichklang von Mann und Frau, wobei er es nicht unterliess, zu erwähnen, wie wichtig die gegenseitige Achtung und besonders der Respekt gegenüber der Frau ist, denn Gott habe sie aus dem gleichen Fleische gemacht. Eine alte Mexikanerin neben mir nickte dazu bedeutungsschwanger mit ihrem kleinen Hutzeldutt. Nach der Trauung und einem weniger ausgiebigen fotographischem In-Szene-Setzen vor der Kirche (es war bereits zehn und stockdunkel vor der Kirche, eindeutig ein grosser Nachteil der mexikanischen Tradition), fuhr die Hochzeitsgesellschaft zu dem Hotel, in dem das eigentliche Festgelage stattfinden sollte. Der Saal war ausnehmend elegant und schick gestaltet, wenn auch leider überhaupt nicht traditionell mexikanisch oder folkloristisch, wie ich gehofft hatte. Stattdessen sah alles mehr aus wie bei amerikanischen High-School-Abschlussfeiern. Wie immer tendiert die mexikanische High-Society dazu, US-amerikanische Moden zu kopieren, weil sie es sich leisten können. Ich war aber nur kurz ein bisschen enttäuscht. Dann sah ich das 5-Gänge-Menü und freute mich, so sehr, dass ich mein viel zu enges Kleid, und den Vorsatz, an diesem Abend nur Brotkrumen zu mümmeln, vergass. Doch bevor das Diner beginnen konnte, mussten sich sämtliche Mitglieder dieser riesigen Familie noch ausführlichst begrüssen. Zu meiner grossen innerlichen Empörung wurde auch ich einem Dutzend der Cousins und Cousinen an der Seite Fernandos vorgestellt. Den Rest des Abends vermied ich es recht erfolgreich, in seiner Nähe zu sein und mich über die spannende Tätigkeit eines Steueranwalts zu unterhalten. Das 5-Gänge-Menü war einfach grossartig. Wer danach aber noch nicht genug geschlemmt hatte, konnte sich im Foyer des Hotels an einer International Coffee Bar bedienen, an der es Kaffee, unterschiedliche Likörs und Hochprozentiges zum Mixen, Sahne, Erdbeer- und Kiwistückchen, Schokoladenstreusseln und zwei ganz reizende kleine Schokoladenspringbrunnen gab, einen mit weisser und einen mit Vollmilchschokolade. Ich möchte sowas in meiner Wohnung. Mexikanisch waren diese Delikatessen jedoch auch nicht. Das landestypischste an dieser Hochzeit waren wohl die immense Herzlichkeit der Familie untereinander (als auch gegnüber mit und anderen aussenstehenden Gästen) sowie deren tatsächlich bemerkenswerter Feierausdauer. Direkt nach der Eröffnung der Tanzfläche durch das Brautpaar stürmten jung und alt aufs Parkett und tanzten allein oder zu zweit über Stunden hinweg, unermüdlich bis in die frühen Morgenstunden. Nur zum Ausruhen oder um sich ein Schlückchen zu genehmigen, ging man kurz zu seinem Platz zurück. Ab morgens um fünf zogen die ersten ihre Schuhe aus und warfen sie kurzerhand an den Rand, um barfuss weiter zu tanzen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der liebe Papa der wunderhübschen Braut, der mit seinem schlohweissen Haar und seinem alles überstrahlendem stolzen Lächeln im Gesicht bis zuletzt auf dem Parkett herumtanzte und dabei jeden einzelnen der vielen Gäste begrüsste, ganz, als wäre es seine eigene Hochzeit. Morgens um sechs kamen endlich die sehnsüchtig erwarteten Mariachis, die berühmten mexikanischen Musikanten, welche auf keiner Familienfeier fehlen dürfen. Sie bauten sich auf der Tanzfläche auf und spielten über eine Stunde lang sämtliche vom Publikum gewünschten mexikanischen Volkslieder. Dabei fiedelten und sangen sie herzzerreissend vom Schmerz unerfüllter Liebe, Vaterland und Familie. Die Gäste sangen, gut angetrunken, wie sie waren, alle laut und begeistert mit. Nachdem die Mariachis ihr Programm beendet hatten, gab es noch einen weiteren Höhepunkt des Festes: Den Brautstrausswurf. Unter Johlen und Klatschen mussten sämtliche ledige Damen im Saal zuerst in einer Polonaise durch die Reihen ziehen um sich dann vor der Braut aufzubauen und mit erhobenen Armen den Brautstrausswurf zu erwarten. Und wer ausgerechnet unter all den Damen fing den Strauss? Nein, nein, nicht ich. Bloss nicht. Am Ende müsste ich noch einen Mexi heiraten. Das fehlt noch. Nein, Dagia fing den Strauss und grinste den Rest des Abends wie ein kleines Honigkuchenpferd. Seit einigen Monaten ist sie nämlich mit einem Deutschen liiert und wünscht sich nichts als zu ihm nach Deutschland zu können. Demnach war der Strauss ein gutes Omen. Nach einigen weiteren Tanzrunden machte sich doch schliesslich die allgemeine Erschöpfung bemerkbar. Draussen fing es auch schon an zu dämmern und so machte man sich langsam auf nach Hause. Dagia und Ricardo fuhren mich zurück zum DAAD-Büro. Ich war fix und fertig und meine Füsse erinnerten eher an Pfannkuchen als an menschliche Extremitäten. Den Sonntag verbrachte ich demnach auch im verkaterten Dämmerzustand. Nichtsdestrotrotz wünsche ich mir von herzen, dass auf meiner Hochzeit auch einmal ebenso ausgelassen und unermüdlich gefeiert und getanzt wird, bis die Sonne aufgeht, so wie bei dieser Hochzeit.
21.05.: So viel Spass für wenig Geld
In Mexiko-Stadt läuft derzeit ein Theaterstück namens "Memoria" (Erinnerung) im Teatro Galeón. Am vergangenen Wochenende hatte ich bereits eine Kritik voller Lobeshymnen über das Stück in der Zeitung gelesen und wollte mir das unbedingt anschauen. Zufälligerweise schrieb mir einen Tag später Dagia eine Nachricht, ob ich mir nicht eben dieses Stück mit ihr ansehen wolle, da sie Freikarten habe. Dagia arbeitet in einem Kinderprojekt einer jüdischen Hilfsorganisation und sollte sich daher das Stück, dass im Nazi-Deutschland zu Beginn des Krieges spielt, ansehen. Wir verabredeten uns also für Mittwoch abend halb acht.
Wie gewohnt zehn Minuten zu spät war ich am Mittwoch schliesslich am Treffpunkt und hielt mit wachsender Sorge nach Dagia Ausschau. Wir wollten uns vorm Auditorio Nacional, einem der grössten Veranstaltungshäuser Mexiko-Stadts, treffen. Doch nirgendwo auf den weitläufigen Treppen zum Auditorio war etwas von Dagia zu sehen. Irgendwann kam mir das recht eigenartig vor und, da ich zudem das Gefühl hatte, mein Handy nicht mit zu haben (jedenfalls konnte ich es in den mysteríösen Weiten meiner Handtasche nicht finden), ging ich kurzerhand in die Galerie des Auditorios, um dort nach Dagia zu schauen. Den Türstehern erklärte ich recht genervt, dass ich da nur kurz nach einer Freundin schauen wolle, und drückte mich um den Eintritt. In der Galerie hatten sich eine Menge aufgeregter Fotografen und Presseleute sowie ebenso viele Pseudo-Rocker-Stylo-Typen, die sich gegenseitig in ihrem betont schäbigen und nachlässigen Grunge-Stil übertrumpften. Dagia war wiederum nirgendwo zu sehen. Da ich sie auch nicht anrufen konnte dank abwesendem Handy, entschloss ich mich, mir die Ausstellung einfach mal anzuschauen, anstatt gleich verbiestert nach Hause zu gehen. Ich mischte mich unter das hippe Publikum und tat unglaublich interessiert. Eigentlich finde ich Fotografieausstellungen nämlich nicht so spannend. Im Gegensatz zur Bildenden Kunst weiss ich nie so recht, wo durch sich die Arbeiten eigentlich auszeichnen und kann ausserdem keinen persönlichen Bezug zu den Künstlern herstellen, da ich die Fotografen sowieso nicht kenne. In diesem Fall war das aber ganz anschaulich gemacht. Bob Gruen, der New Yorker Fotograf, dem die gesamte Ausstellung gewidmet war, war selbst anwesend und gab an jeder Ecke kleine Anekdoten zum besten. Ausserdem gab es riesige Doku-Tafeln, die seine Arbeiten und deren Besonderheiten erklärten. Bob Gruen war nämlich über Jahrzehnte hinweg Dokumentator der wachsenden und sich etablierenden Rockbewegung. Durch seinme teils sehr engen freundschaftlichen Kontakte zu vielen Rockstars gelangen ihm einzigartige ungestellte und persönliche Aufnahmen. Unter den Stars waren Grössen wie Elton John, The Clash, Debbie Harry, Led Zeppelin, John Lennon oder Marvin Gaye. Und die Fotografien waren echt brillant. So zeigte ein Foto Elton John (wahrscheinlich auf der Höhe seines ezessiven Kokain-Genusses) an seinem Flügel, wie er vor lauter Begeisterung beim Singen waagerecht nach hinten hochsprang und mit den Beinen über Kopfhöhe weiter ekstatisch auf die Klaviatur einspielte. Oder dieses coole Foto von Led Zeppelin, mit wehenden Haaren und offenen Hemden vorm eigens nach ihnen benannten Flieger (siehe Fotos). Oder John Lennon und Yoko Ono bei einer Privatfeier im Gespräch versunken, mit einem innigen Blick, wie ihn kein Künstler nachbilden könnte. Diese Fotographien waren wirklich sehenswert. Mindestens ebenso hervorragend waren aber die Häppchen und Canapes, die die befrackten Kellner auf ihren Tabletts umhertrugen. Ich habe bestimmt 20 davon gegessen. Kleine Cracker mit Krabbencocktail, mit delikaten Cremes gefüllte Blätterteigtäschchen, und andere ausgewählte Kinkerlitzchen und als Dessert winzig kleine Küchlein mit Mousse-au-chocolate- oder Honig-Nuss-Geschmack. Ich war entzückt. Dazu gabs Wein und Sekt en masse und wann immer man Nachschub verlangte, lief gerade wieder ein Kellner vorbei. Ich war also gut satt und leicht beschwipst, als es schliesslich in meiner Handtasche klingelte und ich merkte, dass ich mein Handy ja doch mitgenommen hatte. Es war Dagia, die selbst zu spät gekommen war und nun doch noch schnell ins Theater wollte. Wir trafen uns am Eingang der Galerie und flitzten zusammen zum Teatro Galeón um die Ecke. Das Stück hatte selbstverständlich schon angefangen. Zum Glück gibt es in Mexiko keine "Nach Beginn kein Einlass"-Regelungen und wir wurden vom Portier leise zum Platz geleitet (er lief mit einer Taschenlampe, mit welcher er jede einzelne Stufe beleuchtete, vorne weg - das ist doch nett). Komischerweise mussten wir schon wieder keinen Eintritt zahlen, obwohl in der Zeitung etwas von 10 Euro (umgerechnet) gestanden hatte. Das Stück war wirklich beeindruckend, mit wechselnden kleinen Bühnen in der Mitte vom umsitztenden Publikum oder sogar mittendrin. Es beschrieb aus verschiedenen Blickwinkeln den Umgang des deutschen Volkes mit der Politik des NS-Regimes und die unterschiedliche Wahrnehmung der Verfolgung der Juden. Das Bühnenbild war gleichermassen schlicht wie ergreifend. Die nett eingerichteten Wohnzimmerkulissen in der Mitte des Saals thronten auf Gleisabschnitten, die alle zu einem am Bühnenrand angedeuteten Gefängniskomplex führten. Hinter dessen Stacheldrahtzaun gingen - während sich im Zentrum die eigentlichen Szenen der deutschen Familien abspielten - fortwährend geisterhafte, kahlgeschorene Gestalten umher. Die Atmosphäre wurde immer beklemmender. Auch wenn ich nicht alles genau verstand, da sich die Schauspieler in Rage redeten und durcheinander riefen, mussten die Einzelschicksale jedem verständlich werden. Von dem leichtgläubigen und beeinflussbaren Arbeiterjungen, der sich unbedingt der SS anschliessen wollte, weil er sich davon eine glazvolle Karriere versprach. Über das Ehepaar, dass die Politik der NSDAP ablehnt und doch seine Heimat nicht verlassen will. Bis hin zu der jüdischen Gattin, die vergeblich versucht, ihren deutschen Ehemann von der ihr drohenden Gefahr zu überzeugen und schliesslich alleine geht, den Koffer in der Hand, und ihn ungläubig zurücklässt. Gleichermassen erschüttert und begeistert von dieser lebendigen Darstellung des Lebens in der NS-Zeit verliessen wir das Theater. Müde, satt und sehr guter Dinge ging ich nach Hause.
Wie gewohnt zehn Minuten zu spät war ich am Mittwoch schliesslich am Treffpunkt und hielt mit wachsender Sorge nach Dagia Ausschau. Wir wollten uns vorm Auditorio Nacional, einem der grössten Veranstaltungshäuser Mexiko-Stadts, treffen. Doch nirgendwo auf den weitläufigen Treppen zum Auditorio war etwas von Dagia zu sehen. Irgendwann kam mir das recht eigenartig vor und, da ich zudem das Gefühl hatte, mein Handy nicht mit zu haben (jedenfalls konnte ich es in den mysteríösen Weiten meiner Handtasche nicht finden), ging ich kurzerhand in die Galerie des Auditorios, um dort nach Dagia zu schauen. Den Türstehern erklärte ich recht genervt, dass ich da nur kurz nach einer Freundin schauen wolle, und drückte mich um den Eintritt. In der Galerie hatten sich eine Menge aufgeregter Fotografen und Presseleute sowie ebenso viele Pseudo-Rocker-Stylo-Typen, die sich gegenseitig in ihrem betont schäbigen und nachlässigen Grunge-Stil übertrumpften. Dagia war wiederum nirgendwo zu sehen. Da ich sie auch nicht anrufen konnte dank abwesendem Handy, entschloss ich mich, mir die Ausstellung einfach mal anzuschauen, anstatt gleich verbiestert nach Hause zu gehen. Ich mischte mich unter das hippe Publikum und tat unglaublich interessiert. Eigentlich finde ich Fotografieausstellungen nämlich nicht so spannend. Im Gegensatz zur Bildenden Kunst weiss ich nie so recht, wo durch sich die Arbeiten eigentlich auszeichnen und kann ausserdem keinen persönlichen Bezug zu den Künstlern herstellen, da ich die Fotografen sowieso nicht kenne. In diesem Fall war das aber ganz anschaulich gemacht. Bob Gruen, der New Yorker Fotograf, dem die gesamte Ausstellung gewidmet war, war selbst anwesend und gab an jeder Ecke kleine Anekdoten zum besten. Ausserdem gab es riesige Doku-Tafeln, die seine Arbeiten und deren Besonderheiten erklärten. Bob Gruen war nämlich über Jahrzehnte hinweg Dokumentator der wachsenden und sich etablierenden Rockbewegung. Durch seinme teils sehr engen freundschaftlichen Kontakte zu vielen Rockstars gelangen ihm einzigartige ungestellte und persönliche Aufnahmen. Unter den Stars waren Grössen wie Elton John, The Clash, Debbie Harry, Led Zeppelin, John Lennon oder Marvin Gaye. Und die Fotografien waren echt brillant. So zeigte ein Foto Elton John (wahrscheinlich auf der Höhe seines ezessiven Kokain-Genusses) an seinem Flügel, wie er vor lauter Begeisterung beim Singen waagerecht nach hinten hochsprang und mit den Beinen über Kopfhöhe weiter ekstatisch auf die Klaviatur einspielte. Oder dieses coole Foto von Led Zeppelin, mit wehenden Haaren und offenen Hemden vorm eigens nach ihnen benannten Flieger (siehe Fotos). Oder John Lennon und Yoko Ono bei einer Privatfeier im Gespräch versunken, mit einem innigen Blick, wie ihn kein Künstler nachbilden könnte. Diese Fotographien waren wirklich sehenswert. Mindestens ebenso hervorragend waren aber die Häppchen und Canapes, die die befrackten Kellner auf ihren Tabletts umhertrugen. Ich habe bestimmt 20 davon gegessen. Kleine Cracker mit Krabbencocktail, mit delikaten Cremes gefüllte Blätterteigtäschchen, und andere ausgewählte Kinkerlitzchen und als Dessert winzig kleine Küchlein mit Mousse-au-chocolate- oder Honig-Nuss-Geschmack. Ich war entzückt. Dazu gabs Wein und Sekt en masse und wann immer man Nachschub verlangte, lief gerade wieder ein Kellner vorbei. Ich war also gut satt und leicht beschwipst, als es schliesslich in meiner Handtasche klingelte und ich merkte, dass ich mein Handy ja doch mitgenommen hatte. Es war Dagia, die selbst zu spät gekommen war und nun doch noch schnell ins Theater wollte. Wir trafen uns am Eingang der Galerie und flitzten zusammen zum Teatro Galeón um die Ecke. Das Stück hatte selbstverständlich schon angefangen. Zum Glück gibt es in Mexiko keine "Nach Beginn kein Einlass"-Regelungen und wir wurden vom Portier leise zum Platz geleitet (er lief mit einer Taschenlampe, mit welcher er jede einzelne Stufe beleuchtete, vorne weg - das ist doch nett). Komischerweise mussten wir schon wieder keinen Eintritt zahlen, obwohl in der Zeitung etwas von 10 Euro (umgerechnet) gestanden hatte. Das Stück war wirklich beeindruckend, mit wechselnden kleinen Bühnen in der Mitte vom umsitztenden Publikum oder sogar mittendrin. Es beschrieb aus verschiedenen Blickwinkeln den Umgang des deutschen Volkes mit der Politik des NS-Regimes und die unterschiedliche Wahrnehmung der Verfolgung der Juden. Das Bühnenbild war gleichermassen schlicht wie ergreifend. Die nett eingerichteten Wohnzimmerkulissen in der Mitte des Saals thronten auf Gleisabschnitten, die alle zu einem am Bühnenrand angedeuteten Gefängniskomplex führten. Hinter dessen Stacheldrahtzaun gingen - während sich im Zentrum die eigentlichen Szenen der deutschen Familien abspielten - fortwährend geisterhafte, kahlgeschorene Gestalten umher. Die Atmosphäre wurde immer beklemmender. Auch wenn ich nicht alles genau verstand, da sich die Schauspieler in Rage redeten und durcheinander riefen, mussten die Einzelschicksale jedem verständlich werden. Von dem leichtgläubigen und beeinflussbaren Arbeiterjungen, der sich unbedingt der SS anschliessen wollte, weil er sich davon eine glazvolle Karriere versprach. Über das Ehepaar, dass die Politik der NSDAP ablehnt und doch seine Heimat nicht verlassen will. Bis hin zu der jüdischen Gattin, die vergeblich versucht, ihren deutschen Ehemann von der ihr drohenden Gefahr zu überzeugen und schliesslich alleine geht, den Koffer in der Hand, und ihn ungläubig zurücklässt. Gleichermassen erschüttert und begeistert von dieser lebendigen Darstellung des Lebens in der NS-Zeit verliessen wir das Theater. Müde, satt und sehr guter Dinge ging ich nach Hause.
jueves, 22 de mayo de 2008
19.05.2008: Frau BeMERKELswert in Mexiko
Während ich gerade herumsitze, und darauf warte, dass Rodrigo, der Webdesigner, die Fehler auf der neueinzurichtenden Seite behebt, kann ich auch ruhig einen Eintrag schreiben. Ist ja nicht meine Schuld, dass die Seite nicht funktioniert. Dafür habe ich aber gestern stundenlang ohne den geringsten Erfolg versucht, ein paar neue Interntseiten zu verlinken und hätte den Computer am liebsten in die ewigen Jagdgründe geschossen. Stattdessen hab ich mir heute selbstgefällig bestätigen lassen, dass der dumme Rodrigo Mist gebaut hat. Ich hatte wohl doch nicht ganz unrecht mit der Tequilaparty.
Jedenfalls war Frau Merkel am Montag in Mexiko. Frau Merkel, die die TITANIC vor einigen Jahren noch gewohnt böswillig als das Merkel betitelte, so wie das Dönerrrrrtierrrr, und die jetzt von allen Seiten geschätzt und mit ausgewählter Freundlichkeit empfangen wird (die unüberlegten Angriffe des venezolanischen Kollaborateurs mit Iran und China lasse ich einfach mal unkommentiert). Daran musste ich gerade noch denken. An die niedliche kleine Grinsebacke mit der komischen Topfschnittfrisur und dem ungeschminkten Dackelgesicht neben ihrem Ziehvater Helmut Kohl. An die, die keiner ernst genommen hat. Und jetzt stand sie als eine der wenigen Frauen umringt von allen wichtigen Politikerpersönlichkeiten beim Lateinamerikagipfel in Lima und war neben Zapatero als weiterer Vertreter der EU die wichtigste Ansprechpartnerin. Das macht mich unbegründeterweise ein bisschen stolz. Nicht, wie so mancher jetzt vermuten wird, weil Frau Merkel eine Frau ist. Sondern weil sie so lange so unterschätzt worden ist. Ich war also immerhin recht gespannt auf ihren Besuch in Mexiko-Stadt, nicht zuletzt, weil auch in unserer Aussenstelle immer wieder von diversen Empfängen, Veranstaltungen und Diners gesprochen wurde, an denen Frau Merkel zusammen mit dem Regierungschef Mexikos, Felipe Calderón, oder eben auch alleine, teilnehmen sollte. Soweit ich weiss, wurden die meisten Termine vorher noch abgesagt oder geändert. Lediglich ein grosses Festessen sollte am Montag, den 19.05. stattfinden. Mein Chef, Dr. Spitta, und einer der DAAD-Lektoren waren eingeladen. Ei, ich hätte sogar Dr.Spittas Schleppe getragen, um mitkommen zu können, aber leider hat er keine und überhaupt gingen meine anderen (ranghöheren) Kollegen ja auch nicht mit. Also konnte ich nur gespannt Herrn Spittas Bericht abwarten. Der fiel wie gewohnt flapsig aus und war mit unwesentlichen, wenn auch irre witzig beschriebenen, Details gespickt. Was es zu essen gab. Wer links und rechts von ihm sass (niemand der interessiert). Dass die Gäste eine Stunde auf Frau Merkel warten mussten. Auch die Ansprache konnte er eigentlich nicht mehr recht wiedergeben. Dr. Spitta hat, wie auch mir mittlerweile aufgefallen ist, ein gesundes Schlafbedürfnis und nutzt fast jede Redepause, um ein Nickerchen zu halten. Ein Kollege hat mir während der Kaffeepause erzählt, dass es auch schon mal vorkommt, dass er beim Reden einschläft, was dann besonders komisch ist, wenn er bei einer Konferenz spricht. Für mich und die anderen heisst das, dass es keine höflich gemeinte Nachfrage, sondern ein ernsthafter Hilfeschrei ist, wenn Herr Spitta um einen Kaffee bittet. Höchster Schnarchalarm. Trotz dieser kleinen Eskapaden ins Traumland ist Herr Spitta jedoch der tollste, engagierteste und gebildetste Direktor, den sich jegliche Bildungsinstitution wünschen kann, nur um sein Bild wieder ins rechte Licht zu rücken. Und da er eben genau weiss, wann man wirklich aufmerksam sein muss, wachte er auch just wieder in dem Moment auf, als Frau Merkel betonte, wie sehr sie die Präsentation des deutschen Bildungs- und Forschungsstandortes in Mexiko schätze und man diesen Arbeitsbereich unbedingt noch stärker unterstützen könne. Und Herr Spitta freute sich schon darauf, mit den genauen Zeilen dieser Rede als Beweisstück im Gepäck sich mit offener Hand an den Goldesel wenden zu können. Damit endete sein Bericht leider aber auch schon. Und ebenso meiner von alldem, was ich vom Merkelbesuch mitbekommen habe (abgesehen, von dem, was sowieso in den Zeitungen stand).
Jedenfalls war Frau Merkel am Montag in Mexiko. Frau Merkel, die die TITANIC vor einigen Jahren noch gewohnt böswillig als das Merkel betitelte, so wie das Dönerrrrrtierrrr, und die jetzt von allen Seiten geschätzt und mit ausgewählter Freundlichkeit empfangen wird (die unüberlegten Angriffe des venezolanischen Kollaborateurs mit Iran und China lasse ich einfach mal unkommentiert). Daran musste ich gerade noch denken. An die niedliche kleine Grinsebacke mit der komischen Topfschnittfrisur und dem ungeschminkten Dackelgesicht neben ihrem Ziehvater Helmut Kohl. An die, die keiner ernst genommen hat. Und jetzt stand sie als eine der wenigen Frauen umringt von allen wichtigen Politikerpersönlichkeiten beim Lateinamerikagipfel in Lima und war neben Zapatero als weiterer Vertreter der EU die wichtigste Ansprechpartnerin. Das macht mich unbegründeterweise ein bisschen stolz. Nicht, wie so mancher jetzt vermuten wird, weil Frau Merkel eine Frau ist. Sondern weil sie so lange so unterschätzt worden ist. Ich war also immerhin recht gespannt auf ihren Besuch in Mexiko-Stadt, nicht zuletzt, weil auch in unserer Aussenstelle immer wieder von diversen Empfängen, Veranstaltungen und Diners gesprochen wurde, an denen Frau Merkel zusammen mit dem Regierungschef Mexikos, Felipe Calderón, oder eben auch alleine, teilnehmen sollte. Soweit ich weiss, wurden die meisten Termine vorher noch abgesagt oder geändert. Lediglich ein grosses Festessen sollte am Montag, den 19.05. stattfinden. Mein Chef, Dr. Spitta, und einer der DAAD-Lektoren waren eingeladen. Ei, ich hätte sogar Dr.Spittas Schleppe getragen, um mitkommen zu können, aber leider hat er keine und überhaupt gingen meine anderen (ranghöheren) Kollegen ja auch nicht mit. Also konnte ich nur gespannt Herrn Spittas Bericht abwarten. Der fiel wie gewohnt flapsig aus und war mit unwesentlichen, wenn auch irre witzig beschriebenen, Details gespickt. Was es zu essen gab. Wer links und rechts von ihm sass (niemand der interessiert). Dass die Gäste eine Stunde auf Frau Merkel warten mussten. Auch die Ansprache konnte er eigentlich nicht mehr recht wiedergeben. Dr. Spitta hat, wie auch mir mittlerweile aufgefallen ist, ein gesundes Schlafbedürfnis und nutzt fast jede Redepause, um ein Nickerchen zu halten. Ein Kollege hat mir während der Kaffeepause erzählt, dass es auch schon mal vorkommt, dass er beim Reden einschläft, was dann besonders komisch ist, wenn er bei einer Konferenz spricht. Für mich und die anderen heisst das, dass es keine höflich gemeinte Nachfrage, sondern ein ernsthafter Hilfeschrei ist, wenn Herr Spitta um einen Kaffee bittet. Höchster Schnarchalarm. Trotz dieser kleinen Eskapaden ins Traumland ist Herr Spitta jedoch der tollste, engagierteste und gebildetste Direktor, den sich jegliche Bildungsinstitution wünschen kann, nur um sein Bild wieder ins rechte Licht zu rücken. Und da er eben genau weiss, wann man wirklich aufmerksam sein muss, wachte er auch just wieder in dem Moment auf, als Frau Merkel betonte, wie sehr sie die Präsentation des deutschen Bildungs- und Forschungsstandortes in Mexiko schätze und man diesen Arbeitsbereich unbedingt noch stärker unterstützen könne. Und Herr Spitta freute sich schon darauf, mit den genauen Zeilen dieser Rede als Beweisstück im Gepäck sich mit offener Hand an den Goldesel wenden zu können. Damit endete sein Bericht leider aber auch schon. Und ebenso meiner von alldem, was ich vom Merkelbesuch mitbekommen habe (abgesehen, von dem, was sowieso in den Zeitungen stand).
sábado, 17 de mayo de 2008
Männlich-Weibliche Verständigungsprobleme
Es ist Samstag und draussen regnet es wie aus Eimern. Ich bin immer noch erkältet und meine Nase scheint einen "Wettlauf" gegen einen mir unbekannten Gegner gewinnen zu wollen. Mir recht, ich bleib drinnen und lese die ZEIT (die haben wir nämlich immer im Büro). Und nutze die Gelegenheit, mich kurz über ein Phänomen männlich-weiblicher Verständigung auszulassen, dass auch dieses Wochenende wieder eine entscheidenende Rolle gespielt hat.
Also, übliche Situation: Ich gehe abends was trinken, mit Freunden oder auch mal allein, wenn ich Lust dazu habe. Ich sitze also da und unterhalte mich, wenn Leute da sind, die ich kenne, oder lese/ tanze. Wie auch immer. Früher oder später spricht mich ein Mexikaner an. Die Mexikaner sind da nicht so, da wird nicht lang gefackelt. Das liegt vor allem daran, dass Frauen in Mexiko verdammt hart für sich zu gewinnen sind und die Männer allenthalben einen Korb fangen. Das härtet ab und erhöht letztendlich die Baggerfrequenz. In meinem Falle nervt das schlicht und ergreifend. Europäerinnen sind hier eine Seltenheit, und die Mexikaner verhalten sich wie das Trüffelschwein auf der Suche nach der berühmten Delikatesse - Ich werde mich hier nicht in Einzelheiten ergehen. Es spricht mich also der Mexikaner an. Aufgrund der hohen Körbezahl und der daraus resultierenden Verzweiflung ist der Typ wahrscheinlich weder gutaussehend noch interessant, sondern einfach nur - verzweifelt (Das Gerücht vom blendend aussehenden Mexikaner ist wirklich nur ein Mythos, oder die Antonio-Banderas-Typen wohnen alle zusammen in einem anderen Stadtteil, in einer Art Bebe-WG für Männer). Es wäre demnach so einfach, es wie die gewieften Mexikanerinnen zu machen, und dem Nervtöter einfach die kalte Schulter zu zeigen. Pustekuchen. Ich bin viel zu nett (ich hasse das) und antworte brav auf alle Fragen, was ich schon von Mexiko gesehen habe, wie mir das Essen schmeckt und wie ich mexikanische Männer finde (?). Natürlich werden auch beliebte Themen bezüglich meiner deutschen Herkunft nicht ausgespart. Ich werde also gefragt, ob ich deutsche Wurst vermisse, auch immer zum Otkoberfest gehe und ob ich im Winter überhaupt das Haus verlassen könne vor Kälte (ich esse eigentlich nur selten Wurst, war noch nie auf dem Oktoberfest und im Übrigen liegt Deutschland nur auf einem unwesentlich höheren Breitengrad als Mexiko-Stadt). Mein Lieblingsgespräch in dieser Hinsicht hat mal in Madrid bei einer Party stattgefunden. Auf meine Aussage, ich käme aus Deutschland, hat mir der dicke Spanier zwei Daumen-hoch gezeigt begleitet von einem begeisterten Ausruf. Als ich ihn darauf hin fragte, ob er denn schon einmal in Deutschland gewesen sei, meinte er, nein, aber er fahre bald nach Amsterdam. Daraufhin ich pikiert, das sei aber in den Niederlanden. Und er, ja, aber das ist doch gleich daneben. (...). Ich weiss nicht, wozu solche Gespräche gut sind. Glücklicherweise dauern sie nie lang. In Mexiko hat sich allerdings ein anderer Umstand als schwierig herausgestellt. Ich unterhalte mich also ein Weilchen halb interessiert mit einem männlichen Exemplar, das bereits aufgegeben hat, seine Landsfrauen anzusprechen. Das Gespräch plätschert irgendwie so dahin, bis ich glaube, mich endlich ausklinken und gehen zu können. Dann ereignet sich immer das Gleiche. Der unangenehme Mexikaner fragt mich, WIE denn meine Handynummer lautet. In diesem Moment beschleicht mich das nagende Gefühl, einen essentiellen Abschnitt des Gespräches nicht mitgeschnitten zu haben, nämlich den, in dem er sich schüchtern endlich überwindet, mich zu fragen, OB ich ihm meine Handynummer geben würde, und ich ihm mit Freudentränen in den Augen um den Hals falle, weil ich bereits die ganze Zeit mit subtilem Unterton und ausdrucksreicher Körpersprache betont habe, wie sehr ich mich freuen würde, ihn wieder zu sehen. Da der Kerl aber weder gefragt hat, OB ich ihm die verdammte Nummer geben würde, und ich sicher mit Nichten irgendwelche Andeutungen gemacht, sondern diese eher angestrengt vermieden habe, stehe ich nun zugegebenermassen total auf dem Schlauch. Das Problem ist aber, dass die Mexis mit einer derartigen Beiläufigkeit und Selbstsicherheit fragen, als sei es schon längst beschlossene Sache, dass man sich wieder sehen würde. Diese absolute Wahrnehmungsstörung macht mich jedes Mal völlig perplex. Da die Situation so überzeugend impliziert, dass alles schon abgemacht ist, grenzte jegliche abwehrende Geste an totale Unhöflichkeit. Echt geschickt gemacht. Deshalb kann ich auch nie anders, als die dumme Nummer einfach heraus zu rücken. Den Rest des Abends verbringe ich dann damit, mir Ausreden zu überlegen für den Fall, dass er anruft. Und die Liste wächst. Verdammte gute Erziehung.
Das Dumme ist nun, dass einer dieser ungewünschten Speicherplatzbesetzer der Cousin meiner Freundin Dagia ist, die ich erst kürzlich kennen gelernt habe. Aus irgendeinem mir unbegreiflichen Grund meinte Dagia nun, mir ihren Cousin vorstellen zu müssen, und ist zudem auch noch davon überzeugt, dass wir totaaaaal gut zusammen passen. Ich habe kurz überlegt, was ich so furchtbar langweiliges erzählt haben könnte, dass sie zu diesem Schluss hat kommen lassen. Nur kann man ja einer Freundin, die ihren Cousin so toll findet, dass sie einen mit ihm verkuppeln will, schlecht beibringen, dass das eigentlich das Letzte ist, was man möchte. Ich habe daher das Gefühl, dass mir nur bleibt, den Cousin zu meiden. Das ist auch der Grund dafür, warum ich dieses Wochenende hier bin und eben nicht auf Dagias Einladung mit ihr und ihren Freunden zu einem Ferienhaus am See ausserhalb der Stadt gefahren bin. Der Cousin wäre mir einfach zu anstrengend gewesen (er wäre SELBSTVERSTÄNDLICH mitgefahren und hat unentwegt darauf gepocht, dass ich auch mitkomme). Dass es jetzt blitzt und donnert, als würde die Welt untergehen, zeigt eigentlich nur, dass ich mich richtig entschieden habe.
Also, übliche Situation: Ich gehe abends was trinken, mit Freunden oder auch mal allein, wenn ich Lust dazu habe. Ich sitze also da und unterhalte mich, wenn Leute da sind, die ich kenne, oder lese/ tanze. Wie auch immer. Früher oder später spricht mich ein Mexikaner an. Die Mexikaner sind da nicht so, da wird nicht lang gefackelt. Das liegt vor allem daran, dass Frauen in Mexiko verdammt hart für sich zu gewinnen sind und die Männer allenthalben einen Korb fangen. Das härtet ab und erhöht letztendlich die Baggerfrequenz. In meinem Falle nervt das schlicht und ergreifend. Europäerinnen sind hier eine Seltenheit, und die Mexikaner verhalten sich wie das Trüffelschwein auf der Suche nach der berühmten Delikatesse - Ich werde mich hier nicht in Einzelheiten ergehen. Es spricht mich also der Mexikaner an. Aufgrund der hohen Körbezahl und der daraus resultierenden Verzweiflung ist der Typ wahrscheinlich weder gutaussehend noch interessant, sondern einfach nur - verzweifelt (Das Gerücht vom blendend aussehenden Mexikaner ist wirklich nur ein Mythos, oder die Antonio-Banderas-Typen wohnen alle zusammen in einem anderen Stadtteil, in einer Art Bebe-WG für Männer). Es wäre demnach so einfach, es wie die gewieften Mexikanerinnen zu machen, und dem Nervtöter einfach die kalte Schulter zu zeigen. Pustekuchen. Ich bin viel zu nett (ich hasse das) und antworte brav auf alle Fragen, was ich schon von Mexiko gesehen habe, wie mir das Essen schmeckt und wie ich mexikanische Männer finde (?). Natürlich werden auch beliebte Themen bezüglich meiner deutschen Herkunft nicht ausgespart. Ich werde also gefragt, ob ich deutsche Wurst vermisse, auch immer zum Otkoberfest gehe und ob ich im Winter überhaupt das Haus verlassen könne vor Kälte (ich esse eigentlich nur selten Wurst, war noch nie auf dem Oktoberfest und im Übrigen liegt Deutschland nur auf einem unwesentlich höheren Breitengrad als Mexiko-Stadt). Mein Lieblingsgespräch in dieser Hinsicht hat mal in Madrid bei einer Party stattgefunden. Auf meine Aussage, ich käme aus Deutschland, hat mir der dicke Spanier zwei Daumen-hoch gezeigt begleitet von einem begeisterten Ausruf. Als ich ihn darauf hin fragte, ob er denn schon einmal in Deutschland gewesen sei, meinte er, nein, aber er fahre bald nach Amsterdam. Daraufhin ich pikiert, das sei aber in den Niederlanden. Und er, ja, aber das ist doch gleich daneben. (...). Ich weiss nicht, wozu solche Gespräche gut sind. Glücklicherweise dauern sie nie lang. In Mexiko hat sich allerdings ein anderer Umstand als schwierig herausgestellt. Ich unterhalte mich also ein Weilchen halb interessiert mit einem männlichen Exemplar, das bereits aufgegeben hat, seine Landsfrauen anzusprechen. Das Gespräch plätschert irgendwie so dahin, bis ich glaube, mich endlich ausklinken und gehen zu können. Dann ereignet sich immer das Gleiche. Der unangenehme Mexikaner fragt mich, WIE denn meine Handynummer lautet. In diesem Moment beschleicht mich das nagende Gefühl, einen essentiellen Abschnitt des Gespräches nicht mitgeschnitten zu haben, nämlich den, in dem er sich schüchtern endlich überwindet, mich zu fragen, OB ich ihm meine Handynummer geben würde, und ich ihm mit Freudentränen in den Augen um den Hals falle, weil ich bereits die ganze Zeit mit subtilem Unterton und ausdrucksreicher Körpersprache betont habe, wie sehr ich mich freuen würde, ihn wieder zu sehen. Da der Kerl aber weder gefragt hat, OB ich ihm die verdammte Nummer geben würde, und ich sicher mit Nichten irgendwelche Andeutungen gemacht, sondern diese eher angestrengt vermieden habe, stehe ich nun zugegebenermassen total auf dem Schlauch. Das Problem ist aber, dass die Mexis mit einer derartigen Beiläufigkeit und Selbstsicherheit fragen, als sei es schon längst beschlossene Sache, dass man sich wieder sehen würde. Diese absolute Wahrnehmungsstörung macht mich jedes Mal völlig perplex. Da die Situation so überzeugend impliziert, dass alles schon abgemacht ist, grenzte jegliche abwehrende Geste an totale Unhöflichkeit. Echt geschickt gemacht. Deshalb kann ich auch nie anders, als die dumme Nummer einfach heraus zu rücken. Den Rest des Abends verbringe ich dann damit, mir Ausreden zu überlegen für den Fall, dass er anruft. Und die Liste wächst. Verdammte gute Erziehung.
Das Dumme ist nun, dass einer dieser ungewünschten Speicherplatzbesetzer der Cousin meiner Freundin Dagia ist, die ich erst kürzlich kennen gelernt habe. Aus irgendeinem mir unbegreiflichen Grund meinte Dagia nun, mir ihren Cousin vorstellen zu müssen, und ist zudem auch noch davon überzeugt, dass wir totaaaaal gut zusammen passen. Ich habe kurz überlegt, was ich so furchtbar langweiliges erzählt haben könnte, dass sie zu diesem Schluss hat kommen lassen. Nur kann man ja einer Freundin, die ihren Cousin so toll findet, dass sie einen mit ihm verkuppeln will, schlecht beibringen, dass das eigentlich das Letzte ist, was man möchte. Ich habe daher das Gefühl, dass mir nur bleibt, den Cousin zu meiden. Das ist auch der Grund dafür, warum ich dieses Wochenende hier bin und eben nicht auf Dagias Einladung mit ihr und ihren Freunden zu einem Ferienhaus am See ausserhalb der Stadt gefahren bin. Der Cousin wäre mir einfach zu anstrengend gewesen (er wäre SELBSTVERSTÄNDLICH mitgefahren und hat unentwegt darauf gepocht, dass ich auch mitkomme). Dass es jetzt blitzt und donnert, als würde die Welt untergehen, zeigt eigentlich nur, dass ich mich richtig entschieden habe.
viernes, 16 de mayo de 2008
16.05.2008: Stress - Wie gut!
Die letzten 2 Wochen stapelten sich die Aufgaben und Termine in der DAAD-Aussenstelle bis an die Bürodecken. Da meine zwei deutschen Mitarbeiterinnen (die eine ist eigentlich Österreicherin, aber das zählt nicht) gerade auf Urlaub sind, hatten sie mir jeweils eine ellenlange To-do-Liste dagelassen, die ich bis heute fleissigst abgearbeitet habe. Nadiana kommt nämlich bereits am Montag wieder und dann muss ich die ersten Ergebnisse präsentieren. Der DAAD organisiert zur Zeit u.a. eine riesige weltweite Alumnikampagne, und da müssen Altdaten gepflegt, Kontakte wieder- und neuhergestellt, Einladungen verschickt und Events organisiert werden. Und der putzige kleine Praktikant kriegt da natürlich auch sein Eckchen ab. Zudem hab ich diese Woche den Newsletter für Mai geschrieben - einmal monatlich verschickt die Aussenstelle an alle Stipendiaten und sonstige eingetragenen Akademiker eine Rundmail mit aktuellen Stipendiumsangeboten, Master- und Doktorprogrammen in Deutschland oder Sommerakademieangeboten. Das ist eine echt interessante Aufgabe, da ich zum einen auf Spanisch schreiben darf und zum anderen viel über die immensen Möglichkeiten, in Deutschland zu studieren, erfahre. Überhaupt ist dies einer der herausragendsten Vorteile dieses Praktikums - durch die Themen, mit denen ich mich befasse, die Messen an denen ich teilnehme, und natürlich unsere kleine Bibliothek habe ich eigentlich permanenten Zugang zu meiner persönlichen Studienberatung. Denn vieles von dem, was ich hier intern mitbekomme, könnte ich eventuell auf meinen Studienverlauf anwenden. Und da ich immer noch nicht genau weiss, was ich nach meinem ersten Staatsexamen machen werde, sauge ich die ganzen Informationen auf wie ein kleiner raffgieriger Schwamm. SpongeBob Schwammkopf heisst hier übrigens Bob Esponja. Das klingt vielleicht blöd. Calvin und Hobbes heissen hier aber so wie überall und in der Tageszeitung gibt es in jeder Ausgabe einen Comic in Spanisch. Das ist toll. Neben dem Newsletter habe ich angefangen, eine Internetseiten-Erweiterung für den DAAD-Mexiko zu gestalten, damit wir in Zukunft auch über Deutsch-Lern-Möglichkeiten in mexiko und in Deutschland informieren können. Das Inhaltliche haben die Sprachassistentinnen der hiesigen Uni zusammengetragen, das Gestalterische soll ich jetzt machen. Sobald usner Webdesigner alles vorbereitet hat, gehts los. Aber hey, wir sind in Mexico, das kann dauern. Rodrigo, der Webdesigner, wollte eigentlich schon Montag alles fertig haben. Seitdem hab ich nichts von ihm gehört. Wahrscheinlich macht er noch Siesta oder liegt irgendwo komatös auf ner Tequilaparty herum. Da fällt mir ein, dass ich diese Woche zum ersten Mal Mezcal getrunken habe, was meiner Meinung genauso schmeckt wie Tequila, aber ab 40% merke ich da eh keine Unterschiede mehr. Mezcal gibt es auch mit Würmern drin, das trinken die besonders mutigen Mexikaner, während die Mädels gepflegt an Mezcal-Mixturen mit Cocos- oder Vanillegeschmack nippen. Ich trinke gerade nur Tee und warte darauf, dass das Wochenende anfängt. Diese Woche war wirklich ziemlich anstrengend.
martes, 13 de mayo de 2008
10.05.2008: Muttertag a la mexicana und Pfingstgottesdienst
Zufälligerweise einen Tag vor dem Muttertag in Deutschland feiern die Mexikaner dieses Jahr ihren Día de la Madre, welcher gewohnterweise immer auf den 10.05. fällt. Wohingegen man in Deutschland den Muttertag gedanklich halbwegs erfolgreich verdrängen kann und nur allenthalben vom Emailanbieter an den mütterlichen Herzenstag erinnert wird, kann man der Muttertagsmanie in Mexiko nicht entfliehen. Bereits Wochen vorher hängen an allen Ecken riesige Plakate mit glücklichen jungen Frauen und allerliebst verpackten, treusüss zu ihnen aufschauenden Kinderchen. Kaufhäuser bieten allerorts Produkte speziell für Mütter zum Sonderpreis an. In der Metro hängen gar Angebote für besondere Mütter-Handytarife. Die Buchläden holen verstärkt die Mutter-Kind-Literar hervor. Und alles läuft und kauft Geschenke und Blumen und Pralinen und beredet heimlich und aufgeregt, wie man Mutti am allerbesten zu ihrem Ehrentag überraschen könnte, plant Ausflüge, reserviert Restauranttische, übt Liedchen. Es ist völlig abgedreht. Zufälligerweise konnte ich eine Muttertagsfeier selbst miterleben. Bei einer DAAD-Infoveranstaltung einige Tage zuvor hatte ich eine mexikanische Studentin angesprochen, die mir während des Abends als sehr nett aufgefallen war, und sie gefragt, ob wir nicht ein Deutsch-Spanisch-Intercambio machen wollten, und das machten wir dann auch. Einen Tag später lud sie, Dagja, mich zu der Muttertagsgrossveranstaltung im hiesigen Club Aleman ein, indem sich am Samstag die schicke mexikanische Upperclass zum gemeinsamen Schlemmen und Beschwipsen traf. Dagja holte mich mit ihrem Auto ab und wir fuhren gemeinsam einmal quer durch Mexiko-Stadt hin zu dem grünen und grossflächigen Clubgelände. Dort trafen wir ihre Familie und deren Freunde und Dagja stellte mich allen vor, immer mit den Worten, wie amüsant es doch wäre, dass ich hierherkam, Mexiko kennenzulernen, und zuerst einmal im Club alemán, dem Deutschen Club, feiern würde. Naja, immerhin kam keine Bedienung im Dirndl, gab es keine Brezeln und wurde auch keine Polka getanzt, auch wenn Dagja das sehr bedauerte. Überhaupt war ich in dem Club, in dem sich Deutschstämmige sowie deren Familien und Geschäftsfreunde treffen sollen, fast die einzige Deutsche. Dafür kamen an die 200 Mexikaner und der Festsaal war gefüllt mit üppig gedeckten und verzierten runden Tischen, um die galant die Garde von befrackten Kellnern tänzelte. Es wurde ein festliches 4-Gänge-Menü aufgetischt, schön untermalt von Live-Jazzmusik. Das Essen war weder typisch mexikanisch noch deutsch, aber echt lecker. Dagja erzählte mir derweil, dass sie geweint habe, als sie zum ersten Mal deutsches Rollfleisch gegessen hat. Nicht weil es so schlecht gekocht war, sondern eben so lecker.
Mir waren höchstens aufgrund der Schärfe des Essens die Tränen gekommen (und dabei werde ich schon recht emotional beim Essen), aber vielleicht haben die Mexikaner ja eine andere Beziehung zum Essen. Nach dem Dessert gruppierten sich sofort die ersten Pärchen auf der Tanzfläche und trotz meiner wiederholten Beschwichtigung, ich könne kein Salsa tanzen (denn natürlich entpuppten sich einmal mehr sämtliche Leute auf der Tanzfläche als geborene Tänzer), fand ich mich kurze Zeit später ebenfalls dort wieder. Die Leute tanzten, bis der Saal mehr einem tropischen Regenwald als einem klimatisierten Veranstaltungsort glich, und die Wodkaflaschen bis zum letzten Schluck in Orangensaft und GingerAle untergegangen waren (zur Tarnung vor den Kindern). Selbst die Jüngsten übten sich bereits fleissig in Drehungen und Hebefiguren, was süss war, weil in diesem Alter die Mädchen noch grösser sind als die Bubs und mit gestrenger und erfahrener Miene die kleinen überforderten Kerlchen Piruetten drehen liessen. Irgendwann verteilte ein Clown riesige bunte Luftballonstangen und Wuschelpompoms an Holzstäbchen und Jung und Alt fing an, die Dinger im Takt herumzuschleudern, während sich die Musik immer weiter beschwingte. Mittlerweile wurden die bekannten Texte lautstark mitgesungen und ploetzlich rief die Jazzsängerin begeistert, Heute ist Muuuuuuttertag". Woraufhin die tanzende Menge wie angestochen anfing, zu jubeln und zu brüllen und alle irgendwelche umstehenden Mütter umarmten, ganz gleich welche. Es war wirklich ein Fest. Ich fragte mich manchmal, ob die Väter nicht ein bisschen traurig seien, nicht einen ebensolchen Tag für sich zu haben, aber sie schienen alle genauso beglückt wie der Rest.
Nach der Muttertagsparty fuhren Dagja und ich mit ihren Freunden noch weiter in einen ziemlich chiquen Club, der auch Sushi-Restaurant war, um dort schon recht angetrunken noch weiter zu feiern. Dank eines Freundes standen wir alle auf der Gästeliste und ich erkannte einmal mehr den Vorteil von einheimischen Freunden - ohne sie wäre ich sicher nie in diesen szenigen Club gegangen, gleichermassen aufgrund von Preis- und Bekanntheitsfaktor. Immerhin kam ich noch früh genug nach Hause, um ein paar Stündchen zu schlafen, bevor ich mich am nächsten Morgen in den eigentlichen Club alemán aufzumachen: Die deutsche evangelische Gemeinde von Mexiko-Stadt, in der am Sonntag Pfingstgottesdienst war und gleichzeitig 50. Geburtstag des Bestehens der Gemeinde, zu dessen Anlass selbst der deutsche Botschafter eine Rede hielt. Bei den vielen neuen und kulturell ungewohnten Eindrücken ist es auch immer wieder schön, etwas vertrautes und altbekanntes zu finden. So wie in dieser Kirche die Lieder, die ich schon oft mitgesungen habe, die Predigtthemen und die verinnerlichten Liturgien. Zum anschliessenden Kirchencafé bin ich jedoch nicht mehr geblieben. Ich wäre mir ein bisschen eigenartig vorgekommen, allein in dieser eingeschorenen Gemeinde von Leuten, die seit Jahren gemeinsam ihre Zeit in der Fremde verbringen und darum noch viel enger zusammenwachsen als andere Gemeinden. Trotzdem, zu den folgenden Gottesdiensten werde ich bestimmt wieder hingehen, und wenn auch nur wegen der kleinen Insel emotionaler Vertrautheit in diesem sonst noch fremden Land.
Mir waren höchstens aufgrund der Schärfe des Essens die Tränen gekommen (und dabei werde ich schon recht emotional beim Essen), aber vielleicht haben die Mexikaner ja eine andere Beziehung zum Essen. Nach dem Dessert gruppierten sich sofort die ersten Pärchen auf der Tanzfläche und trotz meiner wiederholten Beschwichtigung, ich könne kein Salsa tanzen (denn natürlich entpuppten sich einmal mehr sämtliche Leute auf der Tanzfläche als geborene Tänzer), fand ich mich kurze Zeit später ebenfalls dort wieder. Die Leute tanzten, bis der Saal mehr einem tropischen Regenwald als einem klimatisierten Veranstaltungsort glich, und die Wodkaflaschen bis zum letzten Schluck in Orangensaft und GingerAle untergegangen waren (zur Tarnung vor den Kindern). Selbst die Jüngsten übten sich bereits fleissig in Drehungen und Hebefiguren, was süss war, weil in diesem Alter die Mädchen noch grösser sind als die Bubs und mit gestrenger und erfahrener Miene die kleinen überforderten Kerlchen Piruetten drehen liessen. Irgendwann verteilte ein Clown riesige bunte Luftballonstangen und Wuschelpompoms an Holzstäbchen und Jung und Alt fing an, die Dinger im Takt herumzuschleudern, während sich die Musik immer weiter beschwingte. Mittlerweile wurden die bekannten Texte lautstark mitgesungen und ploetzlich rief die Jazzsängerin begeistert, Heute ist Muuuuuuttertag". Woraufhin die tanzende Menge wie angestochen anfing, zu jubeln und zu brüllen und alle irgendwelche umstehenden Mütter umarmten, ganz gleich welche. Es war wirklich ein Fest. Ich fragte mich manchmal, ob die Väter nicht ein bisschen traurig seien, nicht einen ebensolchen Tag für sich zu haben, aber sie schienen alle genauso beglückt wie der Rest.
Nach der Muttertagsparty fuhren Dagja und ich mit ihren Freunden noch weiter in einen ziemlich chiquen Club, der auch Sushi-Restaurant war, um dort schon recht angetrunken noch weiter zu feiern. Dank eines Freundes standen wir alle auf der Gästeliste und ich erkannte einmal mehr den Vorteil von einheimischen Freunden - ohne sie wäre ich sicher nie in diesen szenigen Club gegangen, gleichermassen aufgrund von Preis- und Bekanntheitsfaktor. Immerhin kam ich noch früh genug nach Hause, um ein paar Stündchen zu schlafen, bevor ich mich am nächsten Morgen in den eigentlichen Club alemán aufzumachen: Die deutsche evangelische Gemeinde von Mexiko-Stadt, in der am Sonntag Pfingstgottesdienst war und gleichzeitig 50. Geburtstag des Bestehens der Gemeinde, zu dessen Anlass selbst der deutsche Botschafter eine Rede hielt. Bei den vielen neuen und kulturell ungewohnten Eindrücken ist es auch immer wieder schön, etwas vertrautes und altbekanntes zu finden. So wie in dieser Kirche die Lieder, die ich schon oft mitgesungen habe, die Predigtthemen und die verinnerlichten Liturgien. Zum anschliessenden Kirchencafé bin ich jedoch nicht mehr geblieben. Ich wäre mir ein bisschen eigenartig vorgekommen, allein in dieser eingeschorenen Gemeinde von Leuten, die seit Jahren gemeinsam ihre Zeit in der Fremde verbringen und darum noch viel enger zusammenwachsen als andere Gemeinden. Trotzdem, zu den folgenden Gottesdiensten werde ich bestimmt wieder hingehen, und wenn auch nur wegen der kleinen Insel emotionaler Vertrautheit in diesem sonst noch fremden Land.
miércoles, 7 de mayo de 2008
5.05.2008: Ein Abend mit dem DAAD oder die Verschwendungspolitik des Goethe-Instituts
Am Montag abend trafen sich die DAAD-Lektoren von den wichtigsten Universitäten Mexikos in Mexiko-Stadt zum jährlichen Deutschlehrerkongress. Aus diesem Anlass reservierte der Chef, Herr Spitta, einen grossen Tisch in einem Restaurant in der eleganten Gegend Condessa und lud uns alle ein, mit zu kommen. Das Restaurant hiess "Matisse" und war in rosa und blau gestrichen und mit Reproduktionen des Expressionisten gestaltet. Zuerst war ich ein bisschen nervös bei dem Gedanken an ein Essen mit den hochrangigen DAAD-Mitarbeitern, stellte dann aber schnell fest, dass diese Leute ebenso nett und lustig waren wie meine Kollegen in der DAAD-Aussenstelle. Man hielt sich auch gar nicht lange mit den üblichen SmallTalk-Nettigkeiten auf, sondern fing sogleich an, sich über den Tisch hinweg über die mexikanische Uni-Politik und besonders die deutschen Institutionen in Mexiko aufzuregen. Ein deutsches Aushängeschild kam dabei überraschenderweise gar nicht gut weg: Das Goethe-Institut. Von den DAAD-Lektoren hatte jeder entweder schon für das Goethe, wie es nur genannt wurde, gearbeitet oder viel damit zu tun gehabt. Ein Deutschlehrer, der einen der Lektoren begleitete, erzählte, dass er bis vor einigen Monaten im Goethe-Institut in Monterrey (im Norden Mexikos) unterrichtet habe. Dann gab es jedoch plötzlich neue Sicherheitsbestimmungen für die Goethe-Gebaeude, die von der Zentrale in Deutschland erlassen wurde, und das Institut, welches den irrsinnigen Bestimmungen nicht genügte, musste von einem auf den anderen Tag seine Kurse einstellen. Den hilflosen Lehrern wurde angeboten, ihnen entweder weiterhin 20 Stunden im Monat zu zahlen (bis zur weiteren Entscheidungsfindung) oder ihnen fristlos zu kündigen. Da fast alle Familie in Mexiko hatten, zogen sie die Kündigung vor, um anderweitig irgendwie Geld zu verdienen. Es gelang ihnen auch, private Sprachkurse zu organisieren, die sich mittlerweile zu rentieren beginnen. Das Goethe-Institut indes suchte nach einem anderen, geeigneteren Gebäude und wurde auch fündig. Allerdings muss auch dieses Objekt erst von der Zentrale geprüft werden, und vor April nächsten Jahres ist keine abschliessende Entscheidung zu erwarten. Die Mühlen der Bürokratie mahlen eben langsam. Damit das Gebaeude aber nicht anderweitig vergeben wird, hat es das Goethe-Institut sicherheitshalber schon gemietet, auch auf die Gefahr hin, dass die Prüfung der Zentrale negativ ausfaellt. Bis dahin fliessen deutsche Staatsgelder in gleich zwei repräsentable Häuser mit repräsentablen Mieten, die vom Goethe-Institut nicht genutzt werden.
Von anderen Instituten in Chile erzählte ein Lektor sogar, dass dort seit einiger Zeit keine Festanstellungen an Deutschlehrer mehr vergeben, sondern billige Zeitarbeitsfirmen angeheuert werden. Bei dem Renomme, dass das Goethe in Deutschland geniesst, und den Kursgebühren, die den Schülern abverlangt werden, ist das wirklich ungeheuerlich!
Da ich mich selbst mehrfach erfolglos um einen der heiss umworbenen Praktikaplaetze am Goethe-Institut beworben hatte, lauschte ich der Unterhaltung besonders aufmerksam. Eines war jedenfalls offentsichtlich: An der wichtigsten Repräsentationsinstanz der BRD neben dem Auswärtigen Amt wurde an diese Abend kein gutes Haar gelassen. Nichtsdestotrotz amüsierten wir uns prächtig und es war ein wirklich lustiger Abend, zumal mein Salat einfach köstlich schmeckte und mein Chef mich als Einzige einlud mit den Worten, die Praktikanten würden doch immer alle am Hungertuch nagen. Naja, essenstechnisch kann ich mich gerade zwar überhaupt nicht beklagen, aber wie kann man denn so eine Einladung ausschlagen?
Von anderen Instituten in Chile erzählte ein Lektor sogar, dass dort seit einiger Zeit keine Festanstellungen an Deutschlehrer mehr vergeben, sondern billige Zeitarbeitsfirmen angeheuert werden. Bei dem Renomme, dass das Goethe in Deutschland geniesst, und den Kursgebühren, die den Schülern abverlangt werden, ist das wirklich ungeheuerlich!
Da ich mich selbst mehrfach erfolglos um einen der heiss umworbenen Praktikaplaetze am Goethe-Institut beworben hatte, lauschte ich der Unterhaltung besonders aufmerksam. Eines war jedenfalls offentsichtlich: An der wichtigsten Repräsentationsinstanz der BRD neben dem Auswärtigen Amt wurde an diese Abend kein gutes Haar gelassen. Nichtsdestotrotz amüsierten wir uns prächtig und es war ein wirklich lustiger Abend, zumal mein Salat einfach köstlich schmeckte und mein Chef mich als Einzige einlud mit den Worten, die Praktikanten würden doch immer alle am Hungertuch nagen. Naja, essenstechnisch kann ich mich gerade zwar überhaupt nicht beklagen, aber wie kann man denn so eine Einladung ausschlagen?
4.05.2008: Guanajuato spielt auf und die Verrückten sind gar nicht verrückt
Die weitere Zeit in Guanajuato war richtig schön. Alle Pläne, noch nach San Miguel de Allende zu fahren, oder zu den Thermalquellen in der Naehe, verwarf ich und genoss einfach nur die Stadt. Freitag abend habe ich einem Konzert des Symphonieorchesters gelauscht. Es spielte Beethoven und Bruckner und der Saal war gut gefüllt mit Zuhoerern. Denen konnte man lustigerweise genauestens ansehen, ob sie Einheimische oder Touristen waren. Die Ansässigen sassen im besten Sonntagsstaat in ihren Reihen. Die Touris hatten die knittrige Bluse aus dem Rucksack gezerrt oder versuchten, ihre FlipFlops mit hübschen Tüchern oder Schmuck zu rechtfertigen. Das Konzert selbst war grossartig. Ich bin ehrlich gesagt noch nie aus eigenem Antrieb und vor allem alleine in ein klassisches Konzert gegangen. Umso mehr freute ich mich darüber, wie mitreissend das Orchester spielte. Vor allem von der Sinfonie Bruckners war ich völlig hingerissen. Bisher hatte ich von Bruckner nur so eine vages unschmeichelhaftes Bild von einem uninspirierten langweilig-verkniffenen Perfektionisten im Kopf, von dem ich auch nicht mehr weiss, wo es herkommt. Doch diese wundervolle Sinfonie stellte den vorherigen Beethoven noch ganz und gar in den Schatten. Sie sparte an keiner Stimmung, schwankte zwischen zart und verhalten und donnernd und dramatisch und liess dem Zuhörer nie genug Zeit, sich in einer Stimmung sicher zu fühlen und auszuruhen, sondern riss ihn immer weiter mit im Strudelmeehr der Töne. So begeistert war ich, dass ich danach trotz Halsweh und Müdigkeit mich noch den Estudiantinas anschloss und mit einem Quesadillo in der Hand (feurig scharf gefüllte Tortillas) singend durch die Gassen zog.
Den nächsten Tag ging ich nach dem Frühstuecken ein bisschen bummeln. Als ich an einer Kirche vorbeikam, sah ich zwei Bräute in sahnebaissermässigen Hochzeitskleidern vor dem Kirchenportal warten. Kurzerhand setzte ich mich in eine der hinteren Reihen in der Kirche und schaute mir die Doppeltrauung an. Das war schon recht romantisch. Leider stand neben dem Altar ein Riesengerüst und immer wieder liefen Touris, die ein bisschen schwer von Begriff waren, durch das Kirchenschiff und machten geräuschvoll Photos. Das wird bei mir mal anders laufen, ganz klar. Später verzog ich mich mit einem Buch und einem Pappkaffee auf den Berg mit dem Aussichtspunkt, um dort auf einer schattigen Bank den Ausblick zu geniessen und meinen Sonnenbrand vom Vortag zu pflegen. Zwischendrin hatte ich vorsorglich noch eine Theaterkarte für den Abend ergattert. Im Teatro Juarez, dem ältesten und schünsten Theater der Stadt, sollte Lope de la Vegas Stueck "Die Verrückten von Valencia" aufgefuehrt werden. Als ich mit einer Kugel Eis in der Hand zum Theater schlenderte, sah ich aber schon von weitem die breite, ganz von klatschenden und johlenden Leuten besetzte Theatertreppe. Anlass für den Spass war ein Clown am Fuss der Treppe, den ich persönlich ziemlich unlustig fand. Ich versuchte daher einfach nur irgendwo einen Platz in der Menge zu finden und in Ruhe mein Eis zu essen und die Leute zu beobachten. Es war aber gar nicht so einfach, einen Weg durch die Menge zu bahnen, und ich muss mich ganz schön dämliczh angestellt haben, denn plötzlich richteten sich alle Augen auf mich. Offensichtlich hatte mich der Clown zu seinem Opfer erkoren und kam die Treppe herauf auf mich zu. Die Leute fanden das urkomisch und riefen lachend, Beso, Beso. Ich hatte aber wiederum überhaupt keine Lust, den doofen Clown zu küssen, und sprang weiter nach oben, bis kein Durchkommen mehr war. Zu seiner Enttaeuschung musste sich der Clown aber mit einem Kuss auf die Wange zu Frieden geben. Als er das nächste Mal mürrisch in meine Richtung guckte, warf er mir ein riesiges Stück Stoff entgegen, mit den Worten, mein Röckchen würde ihn ablenken. Na gut. Mexikaner! Kurz darauf öffneten sich die Türen des Theaters und ich verzog mich aus dem Wirkungskreis des verrückten Clowns, der schon wieder irgendwelche vorbeilaufende Mädchen nervte, ins Innere des Theaters. Was für ein zauberhaftes Haus! Allein sich das Theater anzuschauen, lohnte schon den Besuch des Stückes. Die Bühne wurde von prächtigen schweren roten Samtvorhängen verborgen und der Zuschauersaal war mit ornamentreichen Wandmalereien verziert. Vom Stück verstand ich aufgrund des jahrhundertealten Textes nur ein Drittel, dafür war die Darbietung der Schauspieler umso lustiger. Die "Verrückten von Valencia" spielt nämlich in einem Irrenhaus, in welchem sich ein Edelmann verstecken muss, weil er verdächtigt wird, den Prinzen getötet zu haben. Um nicht aufzufallen, tarnt er sich selbst als Geistesgestörter. Dann wird jedoch eine hübsche junge Frau eingeliefert, die ebenfalls nicht verrückt ist, und sie verlieben sich ineinander, ohne voneinander zu ahnen, dass sie beide nur aus verschiedenen Gründen ein Versteck suchen, und gar nicht verrückt sind. Natürlich gibt es noch eine Menge anderer Personen, die alle auf die ein oder andere Weise in einander verliebt oder gestört sind und es gibt ein ziemliches Trara. Und alles endet wie bei Shakespeare in einem grossen, alles auflösendem Gefühlsspektakel.
Die letzte Nacht im unfreundlichen Stinkehostel verging dann auch noch und ich machte mich am nächsten Morgen wieder auf "nach Hause", in meine liebe kleine Wohnung auf dem Dach.
Den nächsten Tag ging ich nach dem Frühstuecken ein bisschen bummeln. Als ich an einer Kirche vorbeikam, sah ich zwei Bräute in sahnebaissermässigen Hochzeitskleidern vor dem Kirchenportal warten. Kurzerhand setzte ich mich in eine der hinteren Reihen in der Kirche und schaute mir die Doppeltrauung an. Das war schon recht romantisch. Leider stand neben dem Altar ein Riesengerüst und immer wieder liefen Touris, die ein bisschen schwer von Begriff waren, durch das Kirchenschiff und machten geräuschvoll Photos. Das wird bei mir mal anders laufen, ganz klar. Später verzog ich mich mit einem Buch und einem Pappkaffee auf den Berg mit dem Aussichtspunkt, um dort auf einer schattigen Bank den Ausblick zu geniessen und meinen Sonnenbrand vom Vortag zu pflegen. Zwischendrin hatte ich vorsorglich noch eine Theaterkarte für den Abend ergattert. Im Teatro Juarez, dem ältesten und schünsten Theater der Stadt, sollte Lope de la Vegas Stueck "Die Verrückten von Valencia" aufgefuehrt werden. Als ich mit einer Kugel Eis in der Hand zum Theater schlenderte, sah ich aber schon von weitem die breite, ganz von klatschenden und johlenden Leuten besetzte Theatertreppe. Anlass für den Spass war ein Clown am Fuss der Treppe, den ich persönlich ziemlich unlustig fand. Ich versuchte daher einfach nur irgendwo einen Platz in der Menge zu finden und in Ruhe mein Eis zu essen und die Leute zu beobachten. Es war aber gar nicht so einfach, einen Weg durch die Menge zu bahnen, und ich muss mich ganz schön dämliczh angestellt haben, denn plötzlich richteten sich alle Augen auf mich. Offensichtlich hatte mich der Clown zu seinem Opfer erkoren und kam die Treppe herauf auf mich zu. Die Leute fanden das urkomisch und riefen lachend, Beso, Beso. Ich hatte aber wiederum überhaupt keine Lust, den doofen Clown zu küssen, und sprang weiter nach oben, bis kein Durchkommen mehr war. Zu seiner Enttaeuschung musste sich der Clown aber mit einem Kuss auf die Wange zu Frieden geben. Als er das nächste Mal mürrisch in meine Richtung guckte, warf er mir ein riesiges Stück Stoff entgegen, mit den Worten, mein Röckchen würde ihn ablenken. Na gut. Mexikaner! Kurz darauf öffneten sich die Türen des Theaters und ich verzog mich aus dem Wirkungskreis des verrückten Clowns, der schon wieder irgendwelche vorbeilaufende Mädchen nervte, ins Innere des Theaters. Was für ein zauberhaftes Haus! Allein sich das Theater anzuschauen, lohnte schon den Besuch des Stückes. Die Bühne wurde von prächtigen schweren roten Samtvorhängen verborgen und der Zuschauersaal war mit ornamentreichen Wandmalereien verziert. Vom Stück verstand ich aufgrund des jahrhundertealten Textes nur ein Drittel, dafür war die Darbietung der Schauspieler umso lustiger. Die "Verrückten von Valencia" spielt nämlich in einem Irrenhaus, in welchem sich ein Edelmann verstecken muss, weil er verdächtigt wird, den Prinzen getötet zu haben. Um nicht aufzufallen, tarnt er sich selbst als Geistesgestörter. Dann wird jedoch eine hübsche junge Frau eingeliefert, die ebenfalls nicht verrückt ist, und sie verlieben sich ineinander, ohne voneinander zu ahnen, dass sie beide nur aus verschiedenen Gründen ein Versteck suchen, und gar nicht verrückt sind. Natürlich gibt es noch eine Menge anderer Personen, die alle auf die ein oder andere Weise in einander verliebt oder gestört sind und es gibt ein ziemliches Trara. Und alles endet wie bei Shakespeare in einem grossen, alles auflösendem Gefühlsspektakel.
Die letzte Nacht im unfreundlichen Stinkehostel verging dann auch noch und ich machte mich am nächsten Morgen wieder auf "nach Hause", in meine liebe kleine Wohnung auf dem Dach.
martes, 6 de mayo de 2008
2.05.2008: Totenkult in Mexiko
Das "Museo de las momias" ist eine der Hauptsehenswuerdigkeiten in Guanajuato. Ausgestellt werden jedoch keine Mumien im klassischen Sinne, also keine nach aegyptischer Art und Weise praeparierten Koerper. Heutzutage versteht man laut Mumienmuseum unter einer Mumie einen Koerper, der nach seinem Tode so vertrocknet ist, dass er seine Gestalt behaelt und ebenso konserviert werden kann wie zur Stunde seines Todes (naja, fast...).
In Guanajuato gibt es besonders viele dieser Mumien aufgrund einer besonderen Friedhofsregelung. Frueher durften die Toten in Guanajuato nur fuer fuenf Jahre in ihren Graebern ruhen. Wenn dann die Angehoerigen die Kosten danach nicht mehr tragen wollten, wurden die Ueberreste exhumiert (es soll allerdings auch die Verfahrensweise geben, dass Menschen direkt nach ihrem Tode mumifiziert werden - in diesem Falle hatte die Familie vorher die Entscheidung getroffen. Fuer den Toten stellt dies eine besondere Ehre dar, da er - meist in seinem besten Sonntagsstaat - fuer die Nachwelt erhalten bleibt). Viele dieser lufgetrockneten Koerper kann man sich im Museum anschauen. Es ist aber allgemein bekannt (sagt Stefan), dass Europaeer ziemlich bestuerzt auf die Ausstellung reagieren. Mir geht es dabei nicht anders. In den Raeumen las ich mir noch interessiert die Ausstellungstafeln durch und warf nur hin und wieder einen Blick auf die ledernen, mit Stoff- und Hautfetzen bedeckten Skelette. Dann kam ich aber in den Raum der "Angelitos", exhumierte Leichen von Babys. Sie werden Angelitos (Engelchen) genannt, weil man annahm, dass sie aufgrund ihres Alters noch so rein und unschuldig seien, dass sie direkt in den Himmel aufgestiegen waren. Angesichts dieser "Ausstellungsobjekte" verging mir allerdings die letzte morbide Lust, mir das Museum weiter anzusehen und ich stapfte zum Ausgang, so wie viele Europaeer vor mir. Die mexikanischen Reisegruppen hingegen verweilten lange in jedem Raum und liessen sich von ihrem Museumsfuehrer begeistert die kulturellen Hintergruende und Entstehungsgeschichten der einzelnen Mumien erklaeren. Hierin zeigt sich ein ganz wesentlicher Unterschied der mexikanischen Umgangsweise mit dem Tod zu unserer europaeischen, weshalb ich trotz meiner Abneigung gegen das Museum sehr fasziniert von dem Thema bin. In Mexiko sagt ein Sprichwort: "Der Mexikaner sucht , streichelt, foppt, feiert den Tod und schlaeft mit ihm. Er ist sein Lieblingsspielzeug und seine teuerste Geliebte". Das Spielerische spiegelt sich vor allem in der Begeisterung der Jugendlichen fuer "lebensmuede" Aktionen wieder, wie Autorennen in engen Tunneln. Derjenige gewinnt, der dem Tod am unbekuemmertsten ins Gesicht sieht. Die staendige Praesenz des Todes kommt aber besonders durch den Día de los muertos, einen der wichtigsten nationalen Feiertage, zum Ausdruck. Dieser Feiertag entspricht im urkatholischen Mexiko unserem Totensonntag. Doch wohingegen man in Europa in aller Stille und Trauer den Verstorbenen gedenkt, wird in Mexiko gefeiert. Für die Toten werden kleine Opferschreine mit Blumen und ihren Lieblingsessen im Haus der Familie aufgebaut. Dann findet sich die ganze Familie zusammen und bittet gemeinsam die verstorbenen Seelen zu Tisch. Zusammen ist, trinkt und tanzt man ausgelassen bis zum spaeten Abend. Schliesslich begleitet man die Toten zurueck zum Friedhof und verabschiedet sich von ihnen bis zum nächsten Jahr.
Dieses exotische Zeremoniell zeigt, wie der Tod in Mexiko aus der Stille des Privaten in die Öffentlichkeit geholt wird. Leben und Tod scheinen nicht wie bei uns zwei getrennte Welten zu sein, sondern nur zwei Aspekte der gleichen Realität. Der offene Umgang der Mexikaner mit dem Tod ist überall ersichtlich durch das Symbol des Skeletts. Im Frida-Kahlo-Haus schmücken grosse bunte Pappmaché-Skelette den ganzen Innenhof. An den Souvenir-Ständen gibt es haeufig kleine Skelett-Figuren oder Schluesselanhaenger zu kaufen. Auch die stilisierte Figur des Todes mit ihrer Sense und dem schwarzen Umhang ist auf Raeucherstaebchenverpackungen, Suessigkeiten oder als Faschingskostuem im Schaufenster zu sehen. Oder bei feierlichen Umzuegen, fuer die sich die Leute Totenkopffratzen ins Gesicht schminken.
Auch wenn mich diese Tradition etwas befremdet, wuerde ich mir wuenschen, dass wir uns ein bisschen dieser gemeinschaftlichen Erinnerung an die Verstorbenen, der gemeinsamen Trauerbewaeltigung und der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit abschauen wuerden.
In Guanajuato gibt es besonders viele dieser Mumien aufgrund einer besonderen Friedhofsregelung. Frueher durften die Toten in Guanajuato nur fuer fuenf Jahre in ihren Graebern ruhen. Wenn dann die Angehoerigen die Kosten danach nicht mehr tragen wollten, wurden die Ueberreste exhumiert (es soll allerdings auch die Verfahrensweise geben, dass Menschen direkt nach ihrem Tode mumifiziert werden - in diesem Falle hatte die Familie vorher die Entscheidung getroffen. Fuer den Toten stellt dies eine besondere Ehre dar, da er - meist in seinem besten Sonntagsstaat - fuer die Nachwelt erhalten bleibt). Viele dieser lufgetrockneten Koerper kann man sich im Museum anschauen. Es ist aber allgemein bekannt (sagt Stefan), dass Europaeer ziemlich bestuerzt auf die Ausstellung reagieren. Mir geht es dabei nicht anders. In den Raeumen las ich mir noch interessiert die Ausstellungstafeln durch und warf nur hin und wieder einen Blick auf die ledernen, mit Stoff- und Hautfetzen bedeckten Skelette. Dann kam ich aber in den Raum der "Angelitos", exhumierte Leichen von Babys. Sie werden Angelitos (Engelchen) genannt, weil man annahm, dass sie aufgrund ihres Alters noch so rein und unschuldig seien, dass sie direkt in den Himmel aufgestiegen waren. Angesichts dieser "Ausstellungsobjekte" verging mir allerdings die letzte morbide Lust, mir das Museum weiter anzusehen und ich stapfte zum Ausgang, so wie viele Europaeer vor mir. Die mexikanischen Reisegruppen hingegen verweilten lange in jedem Raum und liessen sich von ihrem Museumsfuehrer begeistert die kulturellen Hintergruende und Entstehungsgeschichten der einzelnen Mumien erklaeren. Hierin zeigt sich ein ganz wesentlicher Unterschied der mexikanischen Umgangsweise mit dem Tod zu unserer europaeischen, weshalb ich trotz meiner Abneigung gegen das Museum sehr fasziniert von dem Thema bin. In Mexiko sagt ein Sprichwort: "Der Mexikaner sucht , streichelt, foppt, feiert den Tod und schlaeft mit ihm. Er ist sein Lieblingsspielzeug und seine teuerste Geliebte". Das Spielerische spiegelt sich vor allem in der Begeisterung der Jugendlichen fuer "lebensmuede" Aktionen wieder, wie Autorennen in engen Tunneln. Derjenige gewinnt, der dem Tod am unbekuemmertsten ins Gesicht sieht. Die staendige Praesenz des Todes kommt aber besonders durch den Día de los muertos, einen der wichtigsten nationalen Feiertage, zum Ausdruck. Dieser Feiertag entspricht im urkatholischen Mexiko unserem Totensonntag. Doch wohingegen man in Europa in aller Stille und Trauer den Verstorbenen gedenkt, wird in Mexiko gefeiert. Für die Toten werden kleine Opferschreine mit Blumen und ihren Lieblingsessen im Haus der Familie aufgebaut. Dann findet sich die ganze Familie zusammen und bittet gemeinsam die verstorbenen Seelen zu Tisch. Zusammen ist, trinkt und tanzt man ausgelassen bis zum spaeten Abend. Schliesslich begleitet man die Toten zurueck zum Friedhof und verabschiedet sich von ihnen bis zum nächsten Jahr.
Dieses exotische Zeremoniell zeigt, wie der Tod in Mexiko aus der Stille des Privaten in die Öffentlichkeit geholt wird. Leben und Tod scheinen nicht wie bei uns zwei getrennte Welten zu sein, sondern nur zwei Aspekte der gleichen Realität. Der offene Umgang der Mexikaner mit dem Tod ist überall ersichtlich durch das Symbol des Skeletts. Im Frida-Kahlo-Haus schmücken grosse bunte Pappmaché-Skelette den ganzen Innenhof. An den Souvenir-Ständen gibt es haeufig kleine Skelett-Figuren oder Schluesselanhaenger zu kaufen. Auch die stilisierte Figur des Todes mit ihrer Sense und dem schwarzen Umhang ist auf Raeucherstaebchenverpackungen, Suessigkeiten oder als Faschingskostuem im Schaufenster zu sehen. Oder bei feierlichen Umzuegen, fuer die sich die Leute Totenkopffratzen ins Gesicht schminken.
Auch wenn mich diese Tradition etwas befremdet, wuerde ich mir wuenschen, dass wir uns ein bisschen dieser gemeinschaftlichen Erinnerung an die Verstorbenen, der gemeinsamen Trauerbewaeltigung und der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit abschauen wuerden.
domingo, 4 de mayo de 2008
2.05.2008: Ein Morgen in Guanajuato
Mein Tag beginnt mit einem koestlichen Fruehstueck in einem urgemuetlichen Café an einer der Plazuelas in Guanajuato (das Fruehstueck im Hostel, dass man traurig und allein im dunklen Gang vor sich hin muemmelt, zaehlt nicht). Es gibt Eier nach mexikanischer Art (scharf!), dazu Frijoles-Bohnenbrei (klar...), und Kaffee (fuer 2 Euro). Perfekt. Die Sonne scheint warm (vieeeeeeeel waermer als in D.F.), irgendwo im Hintergrund spielt ein Klavier. Ein Springbrunnen plaetschert vor sich hin. Leute schlendern ueber den Platz. Dicke mexikanische Kinder fuettern dicke mexikanische Tauben. Ploetzlich kommt ein riesenhaftes furchteinfloessendes Kaefertier angeflogen und will mir an mein Ruehrei. Ich krietsche beherzt und schlage mit der Zeitung um mich. Die Leute gucken kurz bestuerzt, Kaefertier verschwindet und alles wird wieder ruhig und angenehm. Ich hab ein bisschen Schnupfen von der kalten Hostelnacht. Das steht heute an: Es gitb ein Mumienmuseum in Guanajuato, welches ich mir anschauen werde. Und heute abend gehe ich ins Konzert. Im Teatro Principal spielt naemlich jeden Freitag abend das Symphonie-Orchester von Guanajuato. Da machen sich alle Einwohner schick und gehen hin. Sagt Stefan. Also ich auch.
1.05.2008: Kurzurlaub in Guanajuato
Heute ist scheinbar in aller Welt Feiertag und so auch hier. Also habe ich einen meiner kostbaren Urlaubstage auf morgen gelegt, um fuer ganze 4 Tage der Grossstadt zu entfliehen und mir ein bisschen Mexiko anzuschauen. Die Zeit reicht zwar nicht aus, um an den Atlantik oder den Pazifik zu fahren, wohl aber, um die kleinen Hochland-Staedtchen im Norden kennenzulernen.
5 Stunden mit dem Bus entfernt von Mexiko-Stadt liegt Guanajuato, eine beruehmte alte Universitaetsstadt, umrahmt von maechtigen Bergen. 1988 wurde Guanajuato zum Weltkulturerbe ernannt, und zwar gleich die ganze Stadt. Die Einwohner tun seither alles, um diesen UNESCO-Status nicht zu gefaehrden. So gibt es keine Ampeln oder Leuchtreklamen in der Stadt, ganz zu schweigen von aufreibenden Brueckenbaudiskussionen. Dafuer aber jedemenge Muelleimer, von denen man in Mexiko-Stadt nur traeumen kann. Der innerhalb der letzten Jahre stetig gewachsene Verkehr wurde kurzerhand in ein ebenfalls fleissig wachsendes Netz unterirdisch verlaufender Tunnel geleitet. Das Resultat dieser Bemuehungen ist ein wunderbar sauberes und angenehmes Stadtbild. Den UNESCO-Status bekam Guanajuato uebrigens fuer seine hervorragend erhaltene, zusammenhaengende Kolonialarchitektur. Zwar haben auch hier die Bewohner mit den harten Denkmalschutzauflagen zu kaempfen und muessen sich selbst wegen eines kleinen Innenumbaus eine offizielle Erlaubnis holen. Guanajuato ist aber so huebsch, dass es wirklich ein grosser Verlust waere, es wie manch andere Stadt verlodern zu lassen.
In der Naehe von Guanajuato befinden sich ausserdem die beliebten Ausflugsorte San Miguel de Allende (auch Saint Mike genannt, weil dort so viele Amerikaner ueberwintern), Dolores Hidalgo oder auch Thermalquellen, in denen man wundervoll seine mueden Knochen waermen lassen kann.
Na mal sehen, im Moment bin ich noch nicht muede, sondern voller Entdeckungsdrang. Mein erster Ausflug. So eine Freude. Heute morgen stellte ich mir also auf 6 Uhr den Wecker, um mir bei Sonnenaufgang das erste Taxi zu schnappen und zum Busbahnhof Terminal de Norte zu fahren. Von dort aus fahren alle Busse Richtung Norden (insgesamt gibt es 3 grosse Busbahnhoefe in Mexiko-Stadt, die man je nach Fahrtrichtung auswaehlt). Angenehmerweise gibt es nicht nur ein unglaublich ueberteuertes und unfreundliches Busmonopol (...Saenk yu vor traeveling mit...), sondern viele verschiedene Unternehmen, die gegenseitig ihre Preise in den Keller druecken. Dadurch kann man naemlich mit einem traumhaften 1.Klasse-Reisebus 5 Stunden ueber die Lande schweben und braucht dafuer nur sage und schreibe 20 Eus zu bezahlen. Immerhin! Neben brandneuen Kinofilmen und Boardtoilette (die man auch benutzen darf, sonst ist das ja immer so ne Art Atrappe) haben viele dieser Busse auch nur 3 Sitze statt 4 pro Sitzreihe. Das heisst, dass Alleinreisende wie ich, denen daran etwas liegt, auch allein sitzen koennen (keine boesen Ueberraschungen beim Einsteigen bezueglich des Sitznachbarn, mit dem man die naechsten Stunden auf engstem Raum verbringt). Das ist toll. Kopfhoerer gibts auch und hochklappbare, gepolsterte Beinstuetzen. Mir wurde vor lauter Freude nicht mal schlecht.
So kam ich voellig ausgeruht am Busbahnhof in Guanajuato an. Der ist noch 6 km von der eigentlichen Stadt entfernt, aber mein Reisefuehrer ist fast sowas wie ein Einheimischer und weiss promt, wo es lang geht und welchen Bus ich nehmen muss. ich find ihn echt klasse. Er heisst Stefan - Stefan Loose. Stefan ist kein schoener Name, aber da kann ja Stefan nichts dafuer. Ich werde ihn von nun an Stefan nennen, wegen der persoenlichen Note. Dank Stefan war ich also schon 15 Minuten spaeter im Zentrum.
Mein Hostel ist leider nicht so traumhaft wie der Reisebus. Das Lobenswerteste ist der Preis, und dementsprechend laesst alles andere etwas zu wuenschen uebrig. Es mueffelt ziemlich (ich glaue, ein Klo leckt), die Decken sind verdammt duenn, mein Schlafsaal dient gleichzeitig als Abzugshaube fuer die fensterlose Kuech davor, und es gibt auch keinen Aufenthaltsraum (fuer Alleinreisende ein ueberlebenswichtiges Detail, da es ueber glueckliche, gesellige Stunden oder soziale Isolation entscheiden kann). Na, mir schnuppe. Ich geniesse es sehr, durch die allerliebsten Gassen der Stadt zu tiegern, mir die Maerkte anzuschauen oder in einem der zahllosen kleinen Cafés zu sitzen, die sich hier in Huelle und Fuelle an den vielen kleinen Plaetzen finden. Und gluecklicherweise sind die Einheimischen so nett, dass man schnell mit ihnen ins Gespraech kommt (was ja auch dem Spanisch nuetzt, nech). Nach einer ersten Stadterkundung hab ich mir meine Kamera geschnappt und bin auf den hoechsten Aussichtspunkt der Stadt, Pípila, gestiegen. Stefan erzaehlte irgendetwas von 15 min, die man fuer den Aufstieg braucht. Aber das ist ausnahmsweise Bloedsinn. Muss man (ich) doch bereits nach der Haelfte des Weges nach jeder Stufe Halt machen und irgendwie das Pfeiffen in der Lunge unter Kontrolle kriegen. Immerhin liegt Guanajuato noch hoeher als Mexiko-Stadt. Irgendwann bin ich dann aber doch oben angekommen und genoss den fantastischen Ausblick ueber das kunterbunte Staedtchen im Tal und die gewaltigen Berge dahinter. Mexiko ist schon verdammt wundervoll auf seine Art und Weise! In diesem Moment war ich sehr froh, hergekommen zu sein.
Am Abend setzte ich mich in ein kleines Café und guckte mir die immer wieder vorbeiziehenden Estudiantinas, studentische Musikantengruppen in traditionellen Gewaendern, an, die von Scharen begeisterter Stadtbewohner und Turisten begleitet wurden, allerorts stehenblieben und sangen oder die Leute zu den Strassenstaenden mit den Tortiallas und Quesadillas lockten. Und ich war seh zufrieden mit meinem Kurzurlaub.
5 Stunden mit dem Bus entfernt von Mexiko-Stadt liegt Guanajuato, eine beruehmte alte Universitaetsstadt, umrahmt von maechtigen Bergen. 1988 wurde Guanajuato zum Weltkulturerbe ernannt, und zwar gleich die ganze Stadt. Die Einwohner tun seither alles, um diesen UNESCO-Status nicht zu gefaehrden. So gibt es keine Ampeln oder Leuchtreklamen in der Stadt, ganz zu schweigen von aufreibenden Brueckenbaudiskussionen. Dafuer aber jedemenge Muelleimer, von denen man in Mexiko-Stadt nur traeumen kann. Der innerhalb der letzten Jahre stetig gewachsene Verkehr wurde kurzerhand in ein ebenfalls fleissig wachsendes Netz unterirdisch verlaufender Tunnel geleitet. Das Resultat dieser Bemuehungen ist ein wunderbar sauberes und angenehmes Stadtbild. Den UNESCO-Status bekam Guanajuato uebrigens fuer seine hervorragend erhaltene, zusammenhaengende Kolonialarchitektur. Zwar haben auch hier die Bewohner mit den harten Denkmalschutzauflagen zu kaempfen und muessen sich selbst wegen eines kleinen Innenumbaus eine offizielle Erlaubnis holen. Guanajuato ist aber so huebsch, dass es wirklich ein grosser Verlust waere, es wie manch andere Stadt verlodern zu lassen.
In der Naehe von Guanajuato befinden sich ausserdem die beliebten Ausflugsorte San Miguel de Allende (auch Saint Mike genannt, weil dort so viele Amerikaner ueberwintern), Dolores Hidalgo oder auch Thermalquellen, in denen man wundervoll seine mueden Knochen waermen lassen kann.
Na mal sehen, im Moment bin ich noch nicht muede, sondern voller Entdeckungsdrang. Mein erster Ausflug. So eine Freude. Heute morgen stellte ich mir also auf 6 Uhr den Wecker, um mir bei Sonnenaufgang das erste Taxi zu schnappen und zum Busbahnhof Terminal de Norte zu fahren. Von dort aus fahren alle Busse Richtung Norden (insgesamt gibt es 3 grosse Busbahnhoefe in Mexiko-Stadt, die man je nach Fahrtrichtung auswaehlt). Angenehmerweise gibt es nicht nur ein unglaublich ueberteuertes und unfreundliches Busmonopol (...Saenk yu vor traeveling mit...), sondern viele verschiedene Unternehmen, die gegenseitig ihre Preise in den Keller druecken. Dadurch kann man naemlich mit einem traumhaften 1.Klasse-Reisebus 5 Stunden ueber die Lande schweben und braucht dafuer nur sage und schreibe 20 Eus zu bezahlen. Immerhin! Neben brandneuen Kinofilmen und Boardtoilette (die man auch benutzen darf, sonst ist das ja immer so ne Art Atrappe) haben viele dieser Busse auch nur 3 Sitze statt 4 pro Sitzreihe. Das heisst, dass Alleinreisende wie ich, denen daran etwas liegt, auch allein sitzen koennen (keine boesen Ueberraschungen beim Einsteigen bezueglich des Sitznachbarn, mit dem man die naechsten Stunden auf engstem Raum verbringt). Das ist toll. Kopfhoerer gibts auch und hochklappbare, gepolsterte Beinstuetzen. Mir wurde vor lauter Freude nicht mal schlecht.
So kam ich voellig ausgeruht am Busbahnhof in Guanajuato an. Der ist noch 6 km von der eigentlichen Stadt entfernt, aber mein Reisefuehrer ist fast sowas wie ein Einheimischer und weiss promt, wo es lang geht und welchen Bus ich nehmen muss. ich find ihn echt klasse. Er heisst Stefan - Stefan Loose. Stefan ist kein schoener Name, aber da kann ja Stefan nichts dafuer. Ich werde ihn von nun an Stefan nennen, wegen der persoenlichen Note. Dank Stefan war ich also schon 15 Minuten spaeter im Zentrum.
Mein Hostel ist leider nicht so traumhaft wie der Reisebus. Das Lobenswerteste ist der Preis, und dementsprechend laesst alles andere etwas zu wuenschen uebrig. Es mueffelt ziemlich (ich glaue, ein Klo leckt), die Decken sind verdammt duenn, mein Schlafsaal dient gleichzeitig als Abzugshaube fuer die fensterlose Kuech davor, und es gibt auch keinen Aufenthaltsraum (fuer Alleinreisende ein ueberlebenswichtiges Detail, da es ueber glueckliche, gesellige Stunden oder soziale Isolation entscheiden kann). Na, mir schnuppe. Ich geniesse es sehr, durch die allerliebsten Gassen der Stadt zu tiegern, mir die Maerkte anzuschauen oder in einem der zahllosen kleinen Cafés zu sitzen, die sich hier in Huelle und Fuelle an den vielen kleinen Plaetzen finden. Und gluecklicherweise sind die Einheimischen so nett, dass man schnell mit ihnen ins Gespraech kommt (was ja auch dem Spanisch nuetzt, nech). Nach einer ersten Stadterkundung hab ich mir meine Kamera geschnappt und bin auf den hoechsten Aussichtspunkt der Stadt, Pípila, gestiegen. Stefan erzaehlte irgendetwas von 15 min, die man fuer den Aufstieg braucht. Aber das ist ausnahmsweise Bloedsinn. Muss man (ich) doch bereits nach der Haelfte des Weges nach jeder Stufe Halt machen und irgendwie das Pfeiffen in der Lunge unter Kontrolle kriegen. Immerhin liegt Guanajuato noch hoeher als Mexiko-Stadt. Irgendwann bin ich dann aber doch oben angekommen und genoss den fantastischen Ausblick ueber das kunterbunte Staedtchen im Tal und die gewaltigen Berge dahinter. Mexiko ist schon verdammt wundervoll auf seine Art und Weise! In diesem Moment war ich sehr froh, hergekommen zu sein.
Am Abend setzte ich mich in ein kleines Café und guckte mir die immer wieder vorbeiziehenden Estudiantinas, studentische Musikantengruppen in traditionellen Gewaendern, an, die von Scharen begeisterter Stadtbewohner und Turisten begleitet wurden, allerorts stehenblieben und sangen oder die Leute zu den Strassenstaenden mit den Tortiallas und Quesadillas lockten. Und ich war seh zufrieden mit meinem Kurzurlaub.
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