sábado, 26 de abril de 2008

20.04.2008: Quaeker-Andacht, Blumenmarkt, Diego-Rivera-Haus

Jeden Sonntag findet im Hostel "Casa de los Amigos" eine gemeinsame Quaeker-Andacht statt. Das wollte ich mir diesmal nicht entgehen lassen. Am Tag zuvor hatte Dan uns schon von den Quaekern vorgeschwaermt. Ganz habe ich das Prinzip nicht begriffen, aber immerhin soviel: Die Quaeker sind die Netten unter den Christen. Sie ueben sich vorbildlich in Toleranz und erkennen jedem Menschen einen eigenen goettlichen Geist zu. Daher verzichten sie waehrend ihrer Andachten auf einen Pfarrer, der diese begleitet, denn nach ihrer Ansicht kann jeder selbst in der Stille mit Gott in Verbindung treten. Wer eine "Nachricht empfaengt", darf aber aufstehen und diese den anderen mitteilen. Eigentlich sitzt man also bei den Andachten nur schweigend herum und wartet, bis einer erleuchtet wird und irgendetwas sagt.
Bei unserer Sonntagsandacht wurde leider keiner erleuchtet, und ich glaube, Dan ist sogar eingeschlafen. Die Andacht hat insofern meine Skepsis gegenueber dem Quaekerkonzept nicht ganz beseitigen koennen. Ausserdem wuerden mir die schoenen klassischen Kirchenlieder, die Predigten des Pfarrers und das gemeinsame Beten fehlen. Ich glaube auch nicht, dass sich - so wie es die Ueberzeugung der Quaeker ist - jeder Glaeubige alleine aus seinem persoenlichen Gedankengestruepp loesen und den Weg zu Gott finden kann. Mein Gefuehl ist, dass es dafuer manchmal eines Aussenstehenden bedarf, der einen aufruettelt, die eigene Perspektive aendert und sich selbst in Relation zu den uebrigen Glaeubigen setzt. Trotzdem bewundere ich jeden, der aufgeraeumt und bedacht genug ist, sich ganz allein und in innerer Ruhe auf Gott einzulassen.
Danach war es immerhin schon Mittag und Sophie und ich machten uns auf zum Diego-Rivera-Haus, der perfekten Ergaenzung zum vorherigen Tag! Riveras Haus ist jedoch, obwohl der Mann selbst so ein Koloss war, recht klein und sehr funktional eingerichtet und gestaltet - kommunistisch eben. Unser Besuch war daher eher kurz. Bis auf sein Atelier fand ich es nicht gerade umwerfend. Zu unserer groesseren Freude kamen wir auf dem Hinweg an dem groessten Blumenmarkt in Mexiko D.F. vorbei. An einem der zahlreichen, mit Rosenbouquets geschmueckten Staenden sprach uns ein netter Blumenverkaeufer an und drueckte uns jeweils eine lachsfarbene duftende Rose in Hand. Diese waren zwar am Abend schon voellig welk und knittrig geschnueffelt. Wir zwei freuten uns aber den ganzen Tag einen Keks ueber sein nettes Geschenk.
Nach der etwas enttaeuschenden Rivera-Haus-Besichtigung gingen wir in ein gegenueberliegendes ehemaliges Karmeliterkloster, dass zu einem Luxus-Restaurant umgestaltet worden war und der mexikanischen Upper-Class elegante mehrgaengige Menues unter schattenspendenden Palmen bietet. Das Kloster ist einfach umwerfend schoen und mit seinen verschiedenen kleinen Innenhoefen und dem hinten anliegenden Klostergarten noch hervorragend erhalten. Den heiss ersehnten Kaffee haben wir aber angesichts der luxorioesen Preise vrschoben.
Mittlerweile hatte ich das starke Gefuehl, mir einen handfesten Sonnenbrand einzufangen, da wir schon die ganze Zeit in der Mittagshitze umherliefen. Es gaebe ja wahrhaftig nichts schoeneres, als am ersten Praktikumstag mit Kreislaufproblemen und Magenkarussel im Buerobad zu haengen. Naja, bis zum Abend deutete noch nichts darauf hin, und deswegen war ich sehr froh, dass Sophie mich ueberredete, noch den empfohlenen Spaziergang von dem Sadtteil San Angel, in dem wir uns gerade befanden, nach Coyoacan zu machen, anstatt sofort ins Hostel zu fahren. Der Weg fuehrt naemlich durch eine der ausweisslich schoensten Strassen Mexiko D.F.s, die Avenida Francisco-Sosa. Ich bin immer wieder sehr ueeberrascht, wie viele schoene Eckchen diese Stadt zu bieten hat, die als ein solches Moloch verschrien ist. Die Avenida Francisco-Sosa ist, zum Beispiel, eine zauberhafte ruhige kleine Allee, in der man die Voegel zwitschern hoert, Kinder auf den Pflastersteinen spielen und idyllische kleine Cafes die Strassenraender saeumen - obwohl die Avenida mitten im Stadtzentrum liegt! Fast jedes der Haeuser ist in einer anderen froehlichen Farbe bemalt, und mit kleinen bunten Details oder Pflanzen in schweren Terrakottakruegen dekoriert. Auch bluehen in Mexiko gerade Baeume mit intensiv violetten Blueten, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. Diese Blueten lagen ueberall auf den Fusswegen der Avenida und verliehen ihr das alerschoenste Sommerantlitz.
Am Ende der Avenida Francisco-Sosa gelangt man wieder zu den Marktstaenden von Coyoacan, die wir uns schon am Vortag angeschaut hatten, und so machten wir uns wieder auf ins Hostel.
Mittlerweile ist es 21 uhr und morgen faengt mein Pratikum an. Mir grauts. Bestimmt sieht man mir sofort an der Nasenspitze an, dass ich statt Spanisch Kauderwelsch spreche und nicht 10-Finger-schreiben kann und wirft mich wieder auf die Strasse. Dann bin ich obdachlos und umsonst nach Mexiko geflogen. Uiuiuiuiuiui. Das wird ein Spass.
Jetzt noch schnell Sachen zusammen packen und fuer den Umzug ins DAAD-Gebaeude morgen frueh fertig machen und dann Ratzepueh.

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