miércoles, 30 de abril de 2008

30.04.2008: Sprachfrustration

Ich bin frustriert (temporaer). Wenn man in Deutschland einen Sprachtest macht, gibt es mehr oder weniger 6 Stufen zur Klassifizierung der Sprachkenntnisse. Je nach Anzahl des Vokabulars und Grammatikkenntnissen findet man sich zwischen A1, A2, B1, B2, C1 oder C2 wieder. A1 bedeutet, dass man mit Haenden und Fuessen ein Brot beim Baecker kaufen kann und nicht mit Weinen anfaengt angesichts unueberwindbarer Verstaendigungsschwierigkeiten. C2 heisst, dass man auf Muttersprachniveau intellektuelle Diskussionen ueber den Klimawandel fuehrt und dabei auch noch lustige Wortwitze reisst. Dazwischen ist ein Ozean von Vobalen, Grammatikregeln, Verbkonjugationen und Wortwendungen. Sozusagen eine megamaessige, riesige, unueberschaubare Buchstabensuppe. Ich schwimme irgendwo in der Mitte. Das heisst, ich finde mich gerade so zurecht in einer Unmenge von gleichklingenden Woertern und gemeinen Ausspracheabsonderlichkeiten. Im Spanischen klingt einfach alles gleich und bedeutet garantiert etwas ganz anderes. Wenn man Colador (Sieb) schnell nuschelt, klingt es genauso wie Perforador (Locher)oder Despertador (ein Wort das ich mir nur merken konnte, weil mein Mitbewohner in Madrid seinen Wecker nie gehoert hat und ich immer zu ihm hinueberrufen musste "Ceasar, tu despertadooooooor!!!"). Auch an die Unterscheidung von Puerta (tuer), puerto (Hafen) und puente (Bruecke) musste ich ganz schoen lange gewoehnen. Da kommt es schon mal zu Verwechslungen. Wenn man sich dann aber entschuldigt, und sagt, "ups, das ist mir aber peinlich" - Estoy embarazosa -, dann kann es gleich noch peinlicher werden, wenn man versehentlich "Estoy embarazada" sagt. Dann denken die Leute naemlich, man sei schwanger, und haben zudem keine Ahnung, warum man das ploetzlich so deplaziert erwaehnt (abgesehen davon ist es eine Fehlinformation). Dann ist es am besten, man sputet sich und verbessert rasant die Sprachkenntnisse. Die Spanier sagen dazu "ponerse las pilas" - sich die Batterien anlegen. Das weiss man aber auch nur, wenn man eben diese Redewendung schon kennt, sonst tappt man ziemlich im Dunkeln. Das alles ist gar nicht so schlimm, haette man nicht ein Buero voller Mexikaner, die zwar alle Deutsch koennen, aber sich trotzdem immer (Patrick, der vorherige Pratkikant hat gelogen!) auf Spanisch unterhalten - und das ist kein Schulspanisch, das ist reinstes, formulierungsreiches, Wir-reden-um-die-Wette-und-gucken-wer-eher-da-ist-Spanisch. Ich schwimme also weiter fleissig vor mich hin und versuche, mich von Treibholz (Sprachhindernissen) nicht irre machen zu lassen. Manchmal ist das gar nicht so leicht.

lunes, 28 de abril de 2008

Roemson vom Dach

Nun wohn' ich bereits ein Weilchen hier und habe noch kein Wort ueber meine wunderbare kleine Wohnung auf dem Dach verloren. Das Gebaeude des DAAD hat wie die meisten mexikanischen Stadt-Haeuser ein Flachdach und mein Heim ist einfach oben drauf gesetzt. Der freie Rest des Daches ist sozusagen meine Terasse und gross genug, um darauf Tennis zu spielen oder ein Picknick zu veranstalten. Dachparties wurden mir nach Erfahrungen mit bisherigen Praktikanten leider untersagt. Aufs Dach kommt man ueber die bereits erwaehnte, wackelige Wendeltreppe, vorbei an einer kleinen gruenen Zwischenterasse mit einem gelben Sonnenschirm. Von da aus hat man einen tollen Ausblick ueber die anliegenden Daecher und die etwas entfernteren Hochhaeuser. Die Wohnung selbst ist ungefaehr 35 m2 gross und besteht aus einem kleinen Flur (mit Kuehlschrank und Waschmaschine und Waeschestaender und Putzzeug), einem Bad (mit Dusche) und einem geraeumigen Wohnraum. In dem grossen Zimmer gibt es eine ausreichend ausgestattete Kuechenzeile mit einem laenglichen Tisch und 2 Barhockern. Der kleine Camping-Herd laesst sich zwar nicht regulieren, sondern nur an- oder ausschalten, aber das ist fuer einen wahren Hobbykoch kein Hindernis. Dafuer habe ich einen Computer mit Internetanschluss in meiner Wohnung und alleine das bedeutet in Mexiko Luxus pur. Und einen grossen Schreibtisch. Und einen bequemen Drehstuhl (...ich weiss eigentlich gar nicht, warum ich ueberhaupt unten im Buero arbeite). Und ausserdem ein riesiges bequemes Bett mit zwei superbequemen Kissen, auf dem ich auch quer schlafen kann - was in aller Welt will man mehr? Im Uebrigen wohne ich mietfrei. Und das Viertel zaehlt zu den Besten der Stadt, ist 5 Minuten Fussweg entfernt von den schicksten Kneipenmeilen und auch nachts ziemlich sicher (da die Edelkarossen hier schon bei Entfernung von 10 m anfangen zu heulen, traut sich da sowieso niemand heran). Klingt gut, oder? Klingt gut!

23.04.2008: Praktikumsroutine

Heute ist mein dritter Praktikumstag und eigentlich nichts besonderes im Terminplan. Deswegen nutze ich die Gelegenheit, meinen typischen Tagesablauf (ja, so etwas buergert sich schneller ein, als man denkt) zu beschreiben - danach konzentriere ich mich wieder auf Mexiko D.F. und nur noch auf besondere Ereignisse beim DAAD. Immerhin heisst der Blog ja "Meine Zeit in Mexiko D.F." und nicht "meine Zeit beim DAAD", nech? Also: Nachdem ich fein bis um acht geschlafen und mich in aller Ruhe fertig gemacht habe, huepfe ich um Punkt neun die wackelige Wendeltreppe herunter ins Buero (das Problem daran, direkt im Buerogebaeude zu wohnen, ist, dass man es nicht auf die Verkehrsmittel schieben kann, wenn man zu spaet kommt). Wenn nicht sofort jemand auf mich zu stuerzt und mich mit Papierbergen verschuettet, habe ich Zeit fuer mein morgendliches Ritual: Briefkasten leeren, eventuelle Uni-Broschueren in unserer Bibliothek einsortieren, mir einen Kaffee holen und mich mit der Tageszeitung "La Reforma" in mein Buero zu setzen. Vorher bringe ich aber Daniel noch den Sportteil - das ist ein fixe Groesse im Praktikanten-Aufgabenprofil und er freut sich immer riesig drueber. Dann lese ich in aller Ruhe die "Reforma" durch. Eigentliche Aufgabe ist, die Zeitung nach Artikeln ueber mexikanische Universitaeten und Forschungsinstitute, Bildungsreformen etc zu durchforsten, diese auszuschneiden und zu archivieren, damit sie fuer den jaehrlichen Mexiko-Bericht des DAAD mit verwendet werden koennen. Aber wenn Zeit ist, lese ich auch die anderen Artikel. Besonders der Internationale Teil ist interessant, da fuer Mexiko sowohl die US-Politik als auch die Politik der uebrigen Lateinamerikanischen Laender wichtig ist, wohingegen die EU eine eher nebensaechliche Rolle spielt. Gerade in Erinnerung an die tagtaeglichen Riesenartikel ueber Carla und Sarkozy in den spanischen Zeitungen ist das eine angenehme Abwechslung. Meistens ist dann auch noch ein bisschen Zeit zum Email-Lesen. Spaetestens dann melden sich Nadiana, Daniel oder Susanne mit Textuebersetzungsvorlagen, Exceltabellen, Bestellauftraegen, Rechercheanfragen oder Kopiervorlagen. Ab und zu Kopieren oder den Tisch im Konferenzraum decken gehoert natuerlich auch zu meinen Aufgaben, aber da ich die allermeiste Zeit interessante und anspruchsvolle Dinge zu tun habe, ist das zu verschmerzen. Immerhin habe ich bisher noch keinen Kaffee kochen muessen (Klopf auf Holz). Zwischen 14 und 14:30 treffen wir uns zur gemeinsamen Mittagspause in der Kueche. Obwohl 14 Uhr fuer meine Verhaeltnisse schon ein bisschen spaet ist (immerhin sind wir seit 9 im Buero), wird es meistens sogar noch spaeter als halb drei. Ich bin dann meistens schon fast verhungert und husche bereits seit einer halben Stunde immer wieder verstohlen in die Kueche, um zu gucken, ob da schon jemand sitzt. Fast immer ist diese aber noch leer, und ich husche wieder zurueck in mein Buero und tu beschaeftigt. Irgendwann wird aber doch gegessen und das ist immer sehr angenehm. Die Pausensprache wechselt zwischen Deutsch und Spanisch hin und her, und je nach dem sage ich ein bisschen mehr oder etwas weniger. Das Essen bringt man entweder mit, bereitet sich noch schnell was in der Kueche zu oder bestellt sich was - mein Favorit! Ich habe naemlich den Eindruck, dass hier Bestellen fast billiger ist als selbst zu kochen. Der einzige Supermarkt in meiner Naehe hat einfach gepfefferte Preise. Dafuer kann man sich aber eine grosse Portion Sushi bereits fuer 36 Pesos (2 Euro !!!!!!!!!!!!!) bestellen - ohne Zuschlag fuer die Lieferung. Oder ich kaufe mir einen Salat im 7/11 um die Ecke. Die letzten Tage habe ich mir schon den Ruf eingefangen, ein Salatfreak zu sein. Dabei ist der Salat das einzig Geniessbare in dem Laden, wenn man nicht auf fetttriefende Sandwiches zurueckgreifen moechte, und ich bin recht weit entfernt davon, ein Salatmensch zu sein. Obwohl, es gibt da einige ziemlich leckere Rezepte....ich schweife ab. Die Mittagspause dauert meist etwa eine Stunde. Gegen halb vier setze ich mich dann wieder an meinen PC und arbeite weiter woran immer ich gerade arbeite. Und um fuenf verabschiede ich mich brav und hoeflich und verziehe mich in mein suesses kleines Gemach oben auf dem Dach, wo ich mich von den Strapazen des Tages erhole (auch wenn das nicht so klang, aber ich bin im Moment immer noch ziemlich geschafft am Abend).

22.04.2008: Ins kalte Wasser

Am Morgen meines 2. Praktikumstag ging ich mit einem recht unguten Gefuehl hinunter ins Buero. Mein Platz war heute an der Rezeption, um alle Leute willkommen zu heissen und die Anrufe weiterzuleiten. Was meine bisherigen Erinnerungen an Telefonate mit Spaniern angeht, so halfen mir diese nicht unbedingt, mich mehr auf diese Aufgabe zu freuen. Die einzigen Male, die ich in Madrid auf Spanisch telefoniert habe (abgesehen von meinem sehr netten und geduldigen Mitbewohner), haben die Leute am anderen Ende aufgelegt oder irgendetwas in den Hoerer gebrabbelt, von dem ich nicht ansatzweise etwas verstand. Ganz schlimm war das zu Beginn, als ich noch kein Wort Spanisch sprach und mir ein Zimmer suchen musste. Da bei den Wohnungsanzeigen natuerlich nur Telefonnummern angegeben waren, blieb mir gar nichts anderes uebrig, als zum Hoerer zu greifen. Die andere Seite faselte dann irgendwas, ich fragte schliesslich schuechtern, wo die Wohnung eigentlich war, und verbrachte anschliessend 15 Minuten damit, das Strassenverzeichnis von Madrid zu ueberfliegen und eine Adresse zu finden, die irgendwie so klang wie das Kauderwelsch aus dem Telefon. Allerdings muss ich zu meiner Verteidigung vorbringen, dass die Madrilener auch wirklich reden, als waeren sie gerade vom Zahnarzt zurueck, die Betaeubungsspritze ist noch nicht abgeklungen und zudem haben sie vergessen, die Wattebaeusche herauszunehmen. Die Mexikaner sind dagegen Musterkinder der Artikulation. Jedoch sind sie wiederrum so hoeflich, dass sie lieber fluestern, als auch nur annaehernd Gefahr zu laufen, zu laut zu reden, was mir wiederrum das Gefuehl gibt, ich haette vergessen, meine Oropax heraus zu nehmen. So oder so, ich sass am Telefon, guckte betont laessig und zuckte jedesmal zusammen, wenn es klingelte. Und - klar- es klingelte permanent. Das waere ja nicht so schlimm gewesen, wenn nicht Nadiana mit im Raum gesessen haette. Sonst haette ich ja so tun koennen, als haetten sich alle Anrufer verwaehlt oder so. Nadiana spricht dank columbianischer Mutter perfekt spanisch und hatte hoechstwahrscheinlich die ganze Zeit beide Ohren gespitzt. Doch so sehr ich mir auch Muehe gab, ich vestand keinen der Anrufer beim ersten Mal. Nicht einmal den Namen der Person, mit der sie sprechen wollten (warum koennen sie den nicht deutlich sagen?? Bla bla bla bla bla bla SUSANNE FABER bla bla bla bla). Ich konnte sie aber nicht permanent bitten, einfach alles zu wiederholen. Also musste ich mir schnell irgendwelche intelligent klingenden Fragen ausdenken (so wie "und mit wem darf ich Sie verbinden?", oder "um welche Stipendien handelt es sich denn?"), damit Nadiana nicht merken wuerde, dass ich schon wieder nix verstanden hatte. Der Anrufer hatte sicher all das schon ausfuehrlich in seiner Einleitung erklaert und kam sich ziemlich verarscht vor, das Gleiche noch einmal erzaehlen zu muessen. Aber egal. Nadiana fands gut, und meistens konnte ich dann wenigstens bei der Antwort irgendein Schlagwort heraushoeren, und den verdutzten Anrufer weiterleiten. In der Zwischenzeit hatte mir Susanne englische Werbetexte von deutschen Universitaeten fuer den Newsletter zur Uebersetzung gegeben. Da kamen so Worte drin vor wie "Junior Research Assistent Fellowship". So was kann ich nicht mal auf Deutsch uebersetzen. Mit der Hilfe von Uebersetzungsseiten im Internet laesst sich aber gluecklicherweise alles irgendwie zusammenbasteln. Als ich meine Texte schliesslich bei Susanne ablieferte, und mich nach Kritikpunkten erkundigte, meinte sie einfach: "Keine. Du schreibst gut" - Den Rest des Tages war ich verdammt gut drauf (ausserdem traf ich mich noch mit Sophie auf einen leckeren Cocktail im Kneipenviertel Zona Rosa. Die Zona Rosa wurde urspruenglich wirklich wegen ihrer schoenen Gebaeude so genannt, heute ist Rosa aber eher treffend fuer die homoerotische Szene da).

sábado, 26 de abril de 2008

21.04.2008: 1. Praktikumstag

Puuh. Es ist abends 23 Uhr, mein erster Praktikumstag ist vorüber und ich bin ziemlich geschafft. Erste Tage sind ja generell immer sehr anstrengend. Die ganze Zeit ist man auf der Hut, das richtige zu sagen und zu tun und irgendwas zu vermeiden, was einen in ein komisches Licht rücken könnte. Denn alles was man an seinem ersten Tag tut, ist sofort Grundlage für die anderen, einen einzuschätzen. So wie ein weißes Blatt, auf dem jeder Strich entscheidend für das Gesamtbild ist. Das ist sicher nicht so tragisch, wenn man sowie ich nur 2 Monate an einem Arbeitsplatz bleibt. Allerdings können auch diese wenigen Wochen sehr lang werden, wenn man sich mit den Kollegen nicht versteht oder vor Anspannung wie eine überlastete Aufziehpuppe herumläuft. Naja, ich hoffe, das bleibt mir erspart.
Diese Nacht habe ich nicht sonderlich viel geschlafen, zum Einen, weil ich ein bisschen nervös war (es besteht immer noch die Möglichkeit, dass alle merken, dass ich kein Spanisch kann und mich hochkant auf die Straße setzen), und zum Anderen, weil die nette ältere Peruanerin in unserem Zimmer, die mir nur bis zur Schulter reicht, alle halbe Stunde durch unser Mehrbettzimmer wuselte. So war ich aber wenigstens zum Frühstück pünktlich fertig und setzte mich wenig später in mein Taxi, dass mich in die Calle de Kepler, wo ich jetzt wohnen werde, brachte. Glücklicherweise hatte man mir den Plan, dahin zu laufen (weil ja auf den Karten immer alles so nett nah beieinander aussieht), aus dem Kopf geschlagen. In Mexiko City ist nichts nah beieinander! Nachdem mein Taxi gerade noch haarscharf einem Autounfall entgangen war, kam ich ungewohnt pünktlich am DAAD-Gebäude an. In der Rezeption des kleinen, eher villenartigen Hauses wurde ich vom bisherigen Praktikanten, Patrick, begrüßt und ein bisschen in die Abläufe eingeführt. Vor allem aber konnte er mich ein bisschen bezueglich der sprachlichen Anforderungen beruhigen. Er selbst haette nur einen Sprachkurs in Deutschland besucht und ein bisschen was vor Beginn des Praktikums aufgeschnappt. Also alles nicht so tragisch. Dann schleppten wir noch mein Gepäck ueber eine kleine Wendeltreppe in sein altes und mein neues Heim auf dem Dach des Gebaeudes (dazu später noch mehr), bevor wir uns mit Susanne im Konferenzzimmer zur Begrüßung und Praktikumsbesprechung trafen. Susanne ist fuer das Marketing und alle PR-Angelegenheiten der Aussenstelle zustaendig. Ausserdem uebernimmt sie, wenn der Chef nicht da ist, die Leitung. Von ihr war ich sofort sehr angetan. Sie ist nicht viel aelter als 30 und hat trotz ihrer verantwortungsvollen und arbeitsreichen Aufgabe so etwas unbefangenes und kindliches. Sie erklaerte mir recht ausfuehrlich die Aufgaben des DAAD in Mexiko ( die 5 olympischen Ringe: Stipendienvergabe, Alumni-Betreuung, Repraesentation der deutschen Hochschullandschaft im Ausland, Pflege internationaler Beziehungen, Entwicklungshilfe...glaube ich) und kurz meine Aufgaben. Und betonte ausdruecklich, dass die Sprache im Buero Spanisch sei und sich alle Mitarbeiter daran halten wuerde. Augenblicklich stand ich wieder unter Strom (Wie? Was? Patrick, was soll das?!?!). Anschliessend fuehrte sie mich im Haus herum und stellte mich den anderen Mitarbeitern vor, bevor sie mich wieder an Patrick uebergab, der mir noch die ein oder andere Aufgabe erklaerte und meine ganzen Fragen geduldig versuchte zu beantworten. Denn letztendlich hatte ich immer noch keinen blassen Schimmer, was ich eigentlich zu tun hatte, und mir graute davor, dass Patrick sich aufmachen wuerde zum Flughafen (zurueck nach Deutschland), und ich ploetzlich da stuende und irgendwie versuchen muesste, Kompetenz auszustrahlen und furchtbar beschaeftigt zu wirken. Ich fragte ihn also rundheraus, ob er mir nicht einfach beschreiben koenne, wie ein ganz normaler Arbeitstag aussieht. Er lachte aber nur und winkte ab mit den Worten, dass bei dem Stress hier sowieso kein geregelter Arbeitsalltag moeglich sei. Ehrlich gesagt, beruhigte mich das ueberhaupt nicht. Immerhin hatte er in soweit recht, dass ich mir ueber meine Beschaeftigung wirklich keine Sorgen zu machen brauchte. Kaum war er weg, stand schon Susanne auf der Schwelle zu meinem Buero und erklaerte mir aufgeregt, dass sie voellig vergessen haette, den Newsletter fuer diesen Monat herauszuschicken und dass dieser spaetestens Mittwoch fertig sein muesse. Am Besten, wir wuerden gleich anfangen, den zusammen herunter zu schreiben ("Du schreibst doch fliessend in Spanisch, oder?!" - "Schluck!"). Gerade als sie wieder zur Tuer heraus war, klingelte mein Telefon, und Nadiana rief mich in ihr Buero. Nadiana ist Oesterreicherin und fuer die Kurz- und Gruppenstipendien zustaendig. Sie teilte mir kurz mit, dass sie ab Freitag fuer 3 Wochen im Urlaub sei und ich ab da an ihren Posteingang und ihre Alumni-Pflege uebernehmen solle. Ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete, aber schon setzte sie zu einer 1 1/2-stuendigen Erlaeuterung ihrer Excel-Tabellen und ich fuehlte mich rundweg ueberfordert. Kurz darauf kam Pamela, die chilenische Sekraeterin zu uns herueber und meinte, sie muesste den naechsten Tag zu Hause bleiben. Ihr Sohn sei krank. Kein Problem, meinte Nadiana, Romy kann ja die Rezeption uebernehmen. Was das hiesse, fragte ich. Nadiana antwortete, Na, Telefon annehmen und weiterleiten, Besucher empfangen, Bestellungen aufgeben. Mir wurde ein bisschen schlecht. Den Rest des Tages verbrachte ich in vollkommener innerer Aufruhr. Um drei lernte ich schliesslich den Chef persoenlich kennen - Herrn Dr. Spitta. Herr Spitta hat sein halbes Leben in Lateinamerika verbracht, ist um die 65 und eine Rothaut, wie sie im Buche steht. Vor wenigen Stunden kam er von einer Reise nach Argentinien zurueck, wo alle seine Geschwister leben und er selbst gerade seine Altersresidenz plant. Mit seinem beigen Leinenanzug sah er aus, als waere er gerade von einer Safari mit Hemingway zurueckgekommen. Er guckte mich ein bisschen schraeg ueber seine Halb-Mond-Brille hinweg an, wechselte einige nette Worte mit mir und rief dann direkt alle Mitarbeiter ins Konferenzzimmer zu einer Lagebesprechung (es haette mich nicht gewundert, wenn er seinen Kompass aus der Hemdtasche gezogen haette). Die Besprechung zog sich unguenstigerweise ziemlich in die Laenge. Meine Aufregung hatte sich naemlich mittlerweile auf den Magen geschlagen und war von dort aus sehr erpicht darauf, mich bereits an meinem ersten Praktikumstag zu blamieren (das kann man jetzt deuten wie man will). Ich sass also mehr oder weniger die ganze Zeit mit einem hoechst aufmerksamen und teilnahmsvollen Gesicht da, waehrend ich eigentlich nur versuchte, die Armeen in meinem Bauch unter Kontrolle zu bekommen. Wenn ich etwas hasse, dann, dass ich immer auf alles so psychosomatisch reagiere. das ist echt unprofessionell! Wie auch immer, alles hat einmal ein Ende und so auch diese Sitzung und damit dieser 1. Tag. Bevor ich mich hoch in mein Zimmerchen verkroch, um meinen Kopf unter die Decke zu stecken, verabschiedete ich mich noch von Susanne, die ja in gewisser Weise mein persoenlicher Chef ist. Leider hat Susanne die Angewohnheit, jedes Gespraech oder Aufgabe erst einmal in Ruhe zu Ende zu fuehren, bevor sie darauf reagiert, dass man sich schon ein Weilchen die Beine in den Bauch steht. Naja, wenigstens sah ich dabei dekorativ aus ;) (ich hatte mir fuer meinen ersten Praktikumstag eine Kombination aus gruenen, ausgeschnittenem Shirt und gruen-weiss-gebluemten, weich fallenden Rock ausgesucht). Nach dem ich ein bisschen herumgeguckt und gestanden hatte und Susanne mit Daniel zu Ende geplauscht hatte, konnte ich mich denn auch dienstbeflissen verabschieden. Und aufatmen. Ich hasse 1. Tage. Dieser war nicht sooo unangenehm. Morgen wird schlimmer. ich sitze an der Rezeption.

20.04.2008: Quaeker-Andacht, Blumenmarkt, Diego-Rivera-Haus

Jeden Sonntag findet im Hostel "Casa de los Amigos" eine gemeinsame Quaeker-Andacht statt. Das wollte ich mir diesmal nicht entgehen lassen. Am Tag zuvor hatte Dan uns schon von den Quaekern vorgeschwaermt. Ganz habe ich das Prinzip nicht begriffen, aber immerhin soviel: Die Quaeker sind die Netten unter den Christen. Sie ueben sich vorbildlich in Toleranz und erkennen jedem Menschen einen eigenen goettlichen Geist zu. Daher verzichten sie waehrend ihrer Andachten auf einen Pfarrer, der diese begleitet, denn nach ihrer Ansicht kann jeder selbst in der Stille mit Gott in Verbindung treten. Wer eine "Nachricht empfaengt", darf aber aufstehen und diese den anderen mitteilen. Eigentlich sitzt man also bei den Andachten nur schweigend herum und wartet, bis einer erleuchtet wird und irgendetwas sagt.
Bei unserer Sonntagsandacht wurde leider keiner erleuchtet, und ich glaube, Dan ist sogar eingeschlafen. Die Andacht hat insofern meine Skepsis gegenueber dem Quaekerkonzept nicht ganz beseitigen koennen. Ausserdem wuerden mir die schoenen klassischen Kirchenlieder, die Predigten des Pfarrers und das gemeinsame Beten fehlen. Ich glaube auch nicht, dass sich - so wie es die Ueberzeugung der Quaeker ist - jeder Glaeubige alleine aus seinem persoenlichen Gedankengestruepp loesen und den Weg zu Gott finden kann. Mein Gefuehl ist, dass es dafuer manchmal eines Aussenstehenden bedarf, der einen aufruettelt, die eigene Perspektive aendert und sich selbst in Relation zu den uebrigen Glaeubigen setzt. Trotzdem bewundere ich jeden, der aufgeraeumt und bedacht genug ist, sich ganz allein und in innerer Ruhe auf Gott einzulassen.
Danach war es immerhin schon Mittag und Sophie und ich machten uns auf zum Diego-Rivera-Haus, der perfekten Ergaenzung zum vorherigen Tag! Riveras Haus ist jedoch, obwohl der Mann selbst so ein Koloss war, recht klein und sehr funktional eingerichtet und gestaltet - kommunistisch eben. Unser Besuch war daher eher kurz. Bis auf sein Atelier fand ich es nicht gerade umwerfend. Zu unserer groesseren Freude kamen wir auf dem Hinweg an dem groessten Blumenmarkt in Mexiko D.F. vorbei. An einem der zahlreichen, mit Rosenbouquets geschmueckten Staenden sprach uns ein netter Blumenverkaeufer an und drueckte uns jeweils eine lachsfarbene duftende Rose in Hand. Diese waren zwar am Abend schon voellig welk und knittrig geschnueffelt. Wir zwei freuten uns aber den ganzen Tag einen Keks ueber sein nettes Geschenk.
Nach der etwas enttaeuschenden Rivera-Haus-Besichtigung gingen wir in ein gegenueberliegendes ehemaliges Karmeliterkloster, dass zu einem Luxus-Restaurant umgestaltet worden war und der mexikanischen Upper-Class elegante mehrgaengige Menues unter schattenspendenden Palmen bietet. Das Kloster ist einfach umwerfend schoen und mit seinen verschiedenen kleinen Innenhoefen und dem hinten anliegenden Klostergarten noch hervorragend erhalten. Den heiss ersehnten Kaffee haben wir aber angesichts der luxorioesen Preise vrschoben.
Mittlerweile hatte ich das starke Gefuehl, mir einen handfesten Sonnenbrand einzufangen, da wir schon die ganze Zeit in der Mittagshitze umherliefen. Es gaebe ja wahrhaftig nichts schoeneres, als am ersten Praktikumstag mit Kreislaufproblemen und Magenkarussel im Buerobad zu haengen. Naja, bis zum Abend deutete noch nichts darauf hin, und deswegen war ich sehr froh, dass Sophie mich ueberredete, noch den empfohlenen Spaziergang von dem Sadtteil San Angel, in dem wir uns gerade befanden, nach Coyoacan zu machen, anstatt sofort ins Hostel zu fahren. Der Weg fuehrt naemlich durch eine der ausweisslich schoensten Strassen Mexiko D.F.s, die Avenida Francisco-Sosa. Ich bin immer wieder sehr ueeberrascht, wie viele schoene Eckchen diese Stadt zu bieten hat, die als ein solches Moloch verschrien ist. Die Avenida Francisco-Sosa ist, zum Beispiel, eine zauberhafte ruhige kleine Allee, in der man die Voegel zwitschern hoert, Kinder auf den Pflastersteinen spielen und idyllische kleine Cafes die Strassenraender saeumen - obwohl die Avenida mitten im Stadtzentrum liegt! Fast jedes der Haeuser ist in einer anderen froehlichen Farbe bemalt, und mit kleinen bunten Details oder Pflanzen in schweren Terrakottakruegen dekoriert. Auch bluehen in Mexiko gerade Baeume mit intensiv violetten Blueten, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. Diese Blueten lagen ueberall auf den Fusswegen der Avenida und verliehen ihr das alerschoenste Sommerantlitz.
Am Ende der Avenida Francisco-Sosa gelangt man wieder zu den Marktstaenden von Coyoacan, die wir uns schon am Vortag angeschaut hatten, und so machten wir uns wieder auf ins Hostel.
Mittlerweile ist es 21 uhr und morgen faengt mein Pratikum an. Mir grauts. Bestimmt sieht man mir sofort an der Nasenspitze an, dass ich statt Spanisch Kauderwelsch spreche und nicht 10-Finger-schreiben kann und wirft mich wieder auf die Strasse. Dann bin ich obdachlos und umsonst nach Mexiko geflogen. Uiuiuiuiuiui. Das wird ein Spass.
Jetzt noch schnell Sachen zusammen packen und fuer den Umzug ins DAAD-Gebaeude morgen frueh fertig machen und dann Ratzepueh.

miércoles, 23 de abril de 2008

19.04.2008: Auf den Spuren Frida Kahlos und Leo Trotzkys

Der Freitag abend gestaltete sich doch noch interessanter als erwartet. Waehrend ich im Aufenthaltsraum des Hostels sass und Tagebuch schrieb, blickte mir ploetzlich ein aelterer Herr ueber die Schulter und sprach mich sehr hoeflich auf deutsch an. Es stellte sich heraus, dass er Mexikaner war und selbst nie in Deutschland gewesen war. Dafuer sprach er ausgezeichnet Deutsch und freute sich wie ein kleines Kind, dies auch mal wieder anwenden zu koennen. Wir unterhielten uns eine lange Weile ueber das Leben in Deutschland und er war dankbar fuer jede Information. Auch wusste er enorm gut Bescheid ueber die politischen Vorgaenge in Deutschland und kannte viele Staedte vom Hoeren und Sagen. ich shclug ihm immer wieder vor, vielleicht noch einmal nach Deutschland zu reisen und dann strahlten seine Augen. Erst als er aufstand, um zu gehen, fiel mir auf, dass seine Hose nur mit einem einfachen Bindfaden zusammengehalten wurde und er eine grosse schwarze Tuete mit sich trug, und mir wurde klar, dass er nicht nach Deutschland wuerde fliegen koennen.
Als er gegangen war, entspannen sich noch viele andere nette Gespraeche zwischen den Hostelgaesten und ich war sehr froh, hierher gekommen zu sein.
Das "Casa de los Amigos" ist unter Mexikoreisenden eine beliebte Adresse fuer eine besonders soziale und gesellige Herberge. Es wird von Quaekern gefuehrt und hat daher den Anspruch, jedem ein freundliches und familiaeres Dach ueber dem Kopf anzubieten. Man trifft dort Leute aller Laender und aller Altersgruppen. Man fruehstueckt gemeinsam und verbringt zusammen Zeit. Nach meinen zwei ruhigen Hoteltagen war diese Unterkunft genau, was ich wollte.
Heute bin ich nun endlich ueber meinen Schatten gesprungen und habe mich nach einem ausgiebigen Fruehstueck im Hostel einer sehr lieben Deutschen, Sophie, und einem Amerikaner namens Dan angeschlossen, das Frida-Kahlo-Museum in dem etwas entfernten Stadtteil Coyoacan zu besichtigen. Nach einer etwa 15-minuetigen Metrofahrt und einem kurzen Fussweg gelangt man zu dem Museum, welches auch Frida Kahlos Wohnhaus war. Von aussen sieht man nur die koenigsblau strahlenden, dicken Mauern. Diese hatte Diego Rivera grosszuegigerweise zum Schutze Trotzkys erbauen lassen. Trotzky war in den 30er Jahren vor dem langen Arm Stalins ueber Norwegen nach Mexiko gefluechtet und war mit seiner Frau Natalia bei Frida und Diego untergekommen. Durch eine Pforte kommt man in den zauberhaften Innenhof, indem ein Springbrunnen plaetschert, Katzen herumlaufen und Besucher auf einer Steinterasse Kaffee schluerfen. Im Haus fuehrt ein Rundgang sowohl durch Ausstellungsraeume, die Skizzen und Gemaelde von beiden Kuenstlern zeigen, als auch durch die persoenlichen Raeume. In Fridas Atelier steht ihr Rollstuhl vor einer Staffelei mit einem noch unbeendeten Stalingemaelde, so, als waere sie nur kurz aufgestanden, um Pause zu machen. Die bunt dekorierte Kueche, ein altes Buecherregal voller Buecher mit persoenlichen Widmungen und viel mehr vermitteln einen sehr persoenlichen Eindruck davon, wie die beiden hier gelebt haben koennten. Mir haben es besonders die vielen bunten Farben der Waende, der Bilder im Haus und der Pappmaché-Figuren innen und aussen angetan. Frida Kahlo scheint ein ganz besonderes Gespür dafür gehabt zu haben, die traditionelle indigene Kunst mit ihrer eigenen, kaum zu klassifizierbaren Malweise zu verweben.

Danach gingen wir weiter zum Trotzky-Museum, welches nur wenige Blocks vom Frida-Kahlo-Haus entfernt ist. Dieser Besuch war wirklich bemerkenswert! Wohingegen wir drei ueber Frida Kahlo bereits das ein oder andere wussten (und wenn auch nur durch den Salma-Hayek-Film), hatten wir von Trotzky nur eine ganz blasse Ahnung. Ich wusste zwar, dass er eine Affaere mit Frida Kahlo gehabt haben soll - aus dem Film, klar -, als er und seine Frau Natalia nach ihrer Ankunft in Mexiko vorruebergehend in Fridas Haus unterkamen. Erwiesen ist aber nichts.

Gluecklicherweise sprach uns sofort im Museum eine junge Frau mit leicht nervoeser Stimme an und bot uns schuechtern eine kostenlose Fuehrung an. Tatsaechlich war dieses Maeuschen von Museumsfuehrerin ein absoluter Geschichtsfreak und Trotzky-Kenner. Ueber 1 1/2 Stunden erzaehlte sie uns alles ueber sein Leben und liess dabei kein pikantes, politisches oder psychologisches Detail aus. Erstaunlich! So erfuhren wir viel zu viel, um es uns zu merken, ueber seine Familie, deren Mitglieder saemtlich von Stalin verfolgt wurden, seine Flucht nach Mexiko (welches als einziges Land bereit war, ihn aufzunehmen), seine letzten angstvollen und schaffensreichen Jahre und seinen tragischen Tod. Nachdem ein Anschlag auf ihn mit Schusswaffen durch die Mauern des Hauses gescheitert war (die Einschussloecher- insgesamt ueber 200 - sind noch zu sehen), wurde er wenige Monate später mit einer Eisaxt von hinten erschlagen. Sein Moerder ging bereits seit 2 Jahren im Hause ein und aus und war ein Vertrauter der Familie. Wie sich herausstellte, war auch er ein Agent Stalins.
Wir erfuhren auch, dass Trotzky unter Hypomanie litt-einer Krankheit, die eigentlich ein Segen ist, weil sie dem Bettroffenen besonders viel Energie verleiht und und ihn aussergewoehnlich viel arbeiten laesst, ohne sich von Risiken und Aengsten ablenken zu lassen. Nichtsdestotrotz muss Trotzky bis zuletzt dem jungen Mann gegenueber misstrauisch gewesen sein. Man weiss allerdings nicht, warum er ihn doch zuletzt allein mit sich ins Zimmer liess - er hatte sonst stets einen Wachmann dabei.
Am Abend fand bei uns im Hostel noch ein kleines Festessen statt, weil ein cubanischer Mitbewohner Geburtstag hatte. Und wie es die cubanische Art ist, wird zwischen Haupt- und Nachspeise ein bisschen getanzt. Salsa! Die Spanier huepften sofort begeistert umher und wackelten gekonnt mit den Hueften. Unsereins versuchte sich den Stock aus dem Hintern zu ziehen und geschmeidig mit zu wackeln. Ein kleiner Mexikaner bekam Mitleid ich dafuer meine erste Tanzstunde in Mexiko! Olé!

Tag 2 (18.04.2008): Es geht aufwaerts/ Umzug ins Hostel

Aus meinen Vorsaetzen, mich heute touristisch-aktiv zu betaetigen, und ein Dutzend Museen anzusehen oder die beruehmten Maerkte zu besuchen, ist natuerlich nichts geworden. Nicht "natuerlich", weil ich faultierhafte Traegheit zu meinen herausragenden Eigenschaften zaehle, sondern weil nach der totalen Schlappheit von gestern nicht zu erwarten war, dass ich wie ein Gummiball vergnuegt durch die Gegend huepfen wuerde. Ganz im Gegenteil: Mir selbst etwas nahrhaftes zu Essen zu besorgen und nach eienr ausgiebigen Ruhepause (Fruehstuecken ist anstrengend) in ein Hostel umzuziehen, war das Naechste, an das ich im Bestreben auf eine ausgefuellte Tagesgestaltung herangekommen war.
Das Fruehstueck war immerhin schon eine kleine Entdeckung: Nach eienr Vortags-Salat-Enttaeuschung bei McDonalds hatte ich mich entschlossen, Fast-Food erstmal sein zu lassen und bin stattdessen auf der Suche nach der echten mexikanischen Kueche in ein kleines Cafe um die Ecke gegangen. Es war dank Jetlag immer noch ziemlich frueh am morgen und das Cafe bis auf einige wenige einsame Esser fast leer. Ich machte es mir an der Theke gemuetlich und bestellte mir ein besonders exotisch klingendes Fruehstueck (weil: exotisch=besonders mexikanisch, oda?): Gebratene Bananen mit "Crema" und dem typisch mexikanischen roten Bohnenbrei "Frijoles", der hier scheinbar zu allen Gerichten, unabhaengig von den Zutaten, serviert wird. Die Crema schmeckte auch echt lecker, auch wenn ich noch nicht ganz begriffen habe, was das denn genau ist. Irgendwas Sauerrahm-aehnliches. Nur die Kombination aus gebratenen Bananen und Bohnenbrei war ein bisschen gewoehnungsbeduerftig. Waehrend ich so verstohlen an meinem Essen schnueffelte und kaute, setzten sich kurz nacheinander rechts und links von mir zwei dickliche aeltere Mexikaner. Die restliche Theke, die sich ueber das gesamte Cafe erstreckte, blieb leer. Da ich, abgesehen von meinem europaeischen Aussehen, zu allem Ueberfluss auch noch einen deutschsprachigen Reisefuehrer las, waren die beiden Herren voellig abgelenkt und starrten mich immer wieder mehr oder weniger unverhohlen von der Seite an. Ich traute mich nicht recht, zurueckzustarren, denn dann haetten leicht unsere Nasen zusammenstossen koennen - die Stuehle standen wirklich sehr nah beieinander. Ich glaube, das war meine erste Begegnung mit dem beruehmten mexikanischen Machismo. Nichtsdestotrotz ( und auch weil die beiden aelteren Herren eher niedlich waren in ihrer Art) bin ich sehr positiv ueberrascht von der Freundlichkeit und Hoeflichkeit der Menschen hier. Wo sich die Madrilener lieber die Zunge abbeissen wuerden, als ein "bitte" ueber die Lippen zu bekommen, gehoert hier ein ganzes Etui an netten kleinen Hoeflichkeitsfloskeln zur Standardausruestung. "Buenos dias", "por favor", "muchas gracias", "a ti", "con mucho gusto" hoert man aller Ortens. Und selbst die gestressteste Kellnerin ruft dem das Lokal verlassenden Gast noch schnell ein "Que tengas un buen dia!" nach. Das ist wirklich eine sehr schoene Atmosphaere.
Nach dieser Feststellung und dem halbstuendigen Fruehstueck (ich konnte ja nicht einfach aufstehen und den gebannten mexikanischen Herren den Reisefuehrer unter den Augen wegreissen) war ich wieder muede genug, um mich stundenlang auf meinem Hotelbett herumzuflaezen und "Alvin und die Chipmunks" zu gucken. Es ist naemlich echt faszinierend, dass in scheinbar jeder Sprache die Chipmunks immer wie quietschende Gummireifen klingen. Ein Meisterwerk der Synchronisation.
Schliesslich machte ich mich auf in mein neues Hostel, das "Casa de los Amigos". Doch auch da verebbte ich gleich nach der Ankunft wieder in einer Art Daemmerzustand. Meine ersten Tage in Mexiko habe ich mir also doch etwas aufregender vorgestellt. Na gut, Abendbrot habe ich auch noch gegessen. Ruehrei mit - Bohnenbrei, na klar.

Etwas komisches ist uebrigens doch passiert. Mir ist zweimal am gleichen Tag in zwei voellig verschiedenen Stadtteilen dieser 20-Mio-Stadt der gleiche Mann begegnet, auf seinem kleinen Klapperfahrrad. Und beide Male hat er mich gefragt, ob ich "Artista" sei. Das liegt bestimmt an meinem Backpackeroutfit und heisst uebersetzt: Hey, Du siehst gammelig aus. Ich gebe ja zu, das ist nicht gerade feminin ist. Naja, naechste Woche ist Schluss mit Gammellook.

Der 1. Tag

Trotz allen Bemuehens, mich am Vorabend mindestens noch eine halbe Stunde wach zu halten, scheiterte ich klaeglich und schlief auf der Stelle ein. Daher war es auch nicht anders zu erwarten, als dass ich am morgen um fuenf nach mexikanischer Zeit hellwach wach war und selbst nach ausgiebigem Zeitschinden morgens um sieben vor der Tuer meines Hotels stand. Und ich fand: Das war entschieden das Beste, was man als Tourist auf seiner ersten Erkundungstour in Mexiko D.F. machen kann. Die Strassen waren menschenleer bis auf einzelne, streifengehende Polizisten. Es war angenehm kuehl und die Sonne war gerade dabei, aufzugehen.
Um diese Zeit kann man ungestoert ueber die alten Plaetze schlendern. sich die alten Kolonialbauten ansehen und mit einem Pappkaffee in der Hand auf einer Bank hocken und die Ruhe geniessen. Diese Atmosphaere hielt leider nicht laenger als eine halbe Stunde, denn schon waren Taxis und LKWs und PKWs aller Jahrgaenge unterwegs, die fuer die beruehmte Dunstglocke ueber der Stadt sorgen. Ich zog mich nach einem weiteren kurzen Bummel durch die umliegenden Strassen wieder in mein Zimmerchen zurueck und war kurz darauf wieder eingeschlafen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie geschafft ich eigentlich war. Mein Reisefuehrer hat zwar ausdruecklich davor gewarnt, dass Direktreisende nach Mexiko D.F. fast immer erstmal unter der duennen Luft aufgrund der 2500 m Hoehenlage leiden. Der Smog wuerde zudem die Luft unertraeglich machen. Nun ja, er hatte also recht und ich nahm mir den Rat zu Herzen, mich ordentlih auszuruhen und blieb fuer den Rest des Tages bis auf eine kurze Essensjagd im Bett. (Immerhin hab ich gelesen. Das ist auch was. Das neue Nick-Hornby-Buch "Slam". Grossartig. Ganz, ganz toll!)

martes, 22 de abril de 2008

Der Flug - 16.04.2008 - oder es kommt wie es kommen muss

In aller Kuerze und Wuerze: Der Flug war der laengste Non-Stop-Flug, den ich jemals erlebt habe - 12 Stunden. das zieht sich. Das liegt vor allem daran (neben Winden und Komplikationen und was nicht alles so passiert), dass das Flugyeug die gleiche Strecke fliegt wie nach Kanada oder nach New York, naemlich ausfuehrlich ueber Groenland und dann wieder runter. Das schreiende Quotenbaby war natuerlich auch dabei und zu allem Ueberfluss sass vor mir das mir bisher unbekannte Exemplar von Durazell-Oma, welche - ohne eine einzige Schweigepause zu machen - ihren bejammernwerten Sitznachbarn unterhielt (laut und deutlich genug fuer alle anderen Umsitzenden) und zur Betonung ihrer fortwaehrend wiederholten Aeusserungen heftig mit ihrem grauen Lockenkoepfchen gegen den Sitz stiess, was tendenziell anfing, nervig zu werden (bestimmt haette ich sie, wenn sie nicht vor mir gesessen haette, sehr sympathisch gefunden). Dummerweise dauerte der Flug sogar noch etwas laenger als geplant, da die Landebahnen von anderen Maschinen besetzt waren. Als wir geschmeidig in die 3. Schleife ueber dem Flughafen uebergingen, konnte ich das Rumoren in meinem Magen nicht mehr ignorieren und suchte verzweifelt nach einer leeren Tuete. Die Oma wurde es derweil nicht muede, ihrem Nachbarn zum 3. Mal exact die gleichen Schilderungen ueber Mexiko von oben ins Ohr zu droehnen (ernsthaft, jeder andere waere nach 12 h heiser gewesen). Das hatte leider den Effekt, den bereits vorhandenen Brechreiz noch zu foerdern. So gab es also in den letzten 5 Minuten vor Landung noch ein anstaendiges Rueckwaertsessen. Wieso denn auch mal nicht...Das angenehme daran ist ja, dass man trotzdem noch zu ausfuehrlichen Gespraechen mit Stewardessen, Zollbeamten und Taxifahrern aufgefordert ist, obwohl man eigentlich nur in einem Bad verschwinden und den Kopf in einen Eimer Odol stecken moechte.
Trotz Uebelkeitspraesens wollte ich es mir aber keinesfalls entgehen lassen, den erstaunlichen Anblick Mexiko-D.F.s von oben zu erleben. Und was sich dort vor den Augen der Passagiere abspielt, ist wirklich eine Beschreibung wert. Beim Anflug auf die Stadt tauchte unter uns ein relativ weitreichendes bewohntes Gebiet auf, dass ich zuerst fuer Mexiko-Stadt hielt, abis mir einfiel, dass es vielleicht doch zu klein sei, um eien Einwohnerzahl von 20 Millionen zu fassen. Doch was wenige Minutebn spaeter sichtbar wurde, war einfach ueberwaeltigend. Erst taten sich die ersten Siedlungen auf, die sich weiter verengten, dichter wurden und noch dichter und einfach nicht mher aufhoeren wollten, solange wir auch darueber flogen. Waehrend der 3 Schleifen, die wir drehten, konnte man in keiner Himmelsrichtung auch nur den Rand der Stadt am Horizont sehen. Mexiko-Stadt war ueberall.
In der Zwischenzeit habe ich gelesen, dass es in Mexiko-Stadt eine Strasse gibt, die mit ihren 46 Kilometern zu den laengsten innerstaedtischen Strassen der Welt gehoert. Nach unserem Flug ueber das endlose Haeusermeer scheinen das die einzig realistischen Groessen zu sein.
Fast ebenso beeindruckend wie die Ausmasse dieser gigantischen Stadt war die Taxifahrt vom Flughafen zu dem Hotel, welches ich mir in meinem Reisefuehrer ausgeguckt hatte (ehrlich gesagt, hatte ich zuerst stundenlang mit dem Gedanken gespielt, direkt vom Flughafen aus noch einen Abestecher mit einem Nachtbus in eines der umliegenden Kolonialstaedtchen zu machen, aber bei der Landung war ich schon fast zu muede, um noch Pesos zu erstehen und ein Taxi zu bekommen). Offiziell zaehlt Mexiko ja immer noch zu den 3.-Welt-Staaten, auch wenn diese Unterscheidung von 1. und 3. Welt bereits ziemlich veraltet ist, und viele Institutionen/Wissenschaftler/etc 3 oder 4 Kategorien verwenden, wonach Mexiko eigentlich 2. Welt bzw. ein Schwellenland waere. Auch damit stuende es noch auf derselben Stufe wie, sagen wir, Indien. Doch statt baufaelligen Strassen und einem Verkehrschaos von 70-Jahre-Karosserien, Rikschaws und Kuehen fuhr mein Taxi ueber glatte, halbwegs sichere und saubere Strassen vorbei an hell angestrahlten Haeusern und bunten Leutreklamen. Die Strassenraender waren voller Menschen, die sich an den kleinen Staenden mit ihren billigen T-Shirts und gefaelschten Levis-Jeans umschauten oder sich in den Strassenkuechen amuesierten. An jeder anderen Ecke war mexikanische Musik zu hoeren, die man aus kitschigen (aber schoenen ;)..) Folklore-Werbespots kennt. Und es war angenehm mild und roch auch nicht so streng wie erwartet. Ich war sehr angetan von diesem ersten Stadteindruck und so manches der unbestimmten Furcht vor dieser Stadt fiel von mir ab.

Morgens um vier nach MEZ habe ich schliesslich ein kleines preiswertes und trotzdem zentrales Hotel gefunden und bin uebergluecklich ins Bett geplumpst.