Weil man an den Ausmassen Mexiko-Stadts selbst als passioniertester Fussgaenger beim Versuch, die Stadt zu erkunden, zingend scheitern muss, hab ich mich diesen Sonntag in den "Turibus" gesetzt. Der "Turibus" ist eine grossartige Erfindung. Zwar fährt er wie jeder andere Stadtrundfahrtsbus brav seine grosse Runde durch und um das Stadtzentrum. Allerdings bleibt man während dessen als Stadtbesichtiger nicht einfach sitzen oder steigt mal eben für eine 10-minütige Fotopause aus. Der "Turibus" ist so konzipiert, dass man an seinen 24 Haltestellen jederzeit mit dem gleichen Ticket ein und wieder aussteigen kann - und das den ganzen Tag. Dafür bezahlt man nur schlappe 6 Euro. Die Fahrt alleine dauert etwa 3-4 Stunden. Dabei sind die Besichtigungen an den einzelnen Haltestellen noch gar nicht mit inbegriffen. Und auch wenn man meinen könnte, die Zeit würde ausreichen, um dreimal um die Stadt herumzufahren, so sind im Programm nur die nördlich gelegenen Touriviertel um das historische Stadtzentrum, die Colonia Roma (Colonias heissen die einzelnen Viertel), die Colonia Condesa, Polanco (mein Viertel) und alles rund um den riesigen Stadtpark Chapultepec eingeschlossen. Die südlichen, alternativen Stadtzentren Coyoacan und San Angel sind noch gar nicht mit dabei. Da man sich diese Viertel aber auch wunerbar erlaufen kann, ist deren Fehlen nicht so bedauernswert.
Während der Fahrt kann man es sich entweder im unteren muffigen Busraum gemütlich machen oder man wagt sich, mit allen Mitteln gegen die erbarmungslose Hochebenensonne geschützt, aufs offene Busdach. Von da aus hat man einen grossartigen Blick auf alle Sehenswürdigkeiten und das bunte Treiben am Strassenrand. Es ist allerdings sehr empfehlenswert, ab und an mal nach vorne zu gucken, da der Bus so hoch ist, dass einem nicht selten ein Ast von einem Baum gefährlich nahe kommt. Weil ich natürlich wie ein Rundumradar in die Gegend geguckt hab und nicht nach vorne, hat mir ein Palmenzweig fast meinen Hut vom Kopf gerissen, wäre da nicht das irrsinnig praktische Kinderbefestigungsbändchen. Wenn es dann langsam zu heiss wird, ist es ratsam, einfach mal auszusteigen und sich zu Fuss etwas anzuschauen. Ich bin während meiner Stadttour zweimal an einer der Haltestellen abgestiegen. Zum einen, um den grössten und schönsten Kunst- und Handwerksmarkt, die Ciudadela, zu besichtigen, der sich wie durch ein kleines Wohnviertel durch lauter kleine Gässchen erstreckt und einen hervorragenden Überblick bietet über sämtliche Stilrichtungen und Spielarten der mexikanischen Artesanía. Zum anderen, um mal wieder am Zócalo, dem historischen Stadtzentrum herumzulaufen, vorbei dem Regierungspalast, der alten Kathedrale und vielen anderen berühmten Gebäuden. Und um Mittag zu essen in dem gastfreundlichen und gemütlichen Café Popular, wo ich bereits am zweiten Tag nach meiner Ankunft zum ersten Mal mexikanisch gefrühstückt hatte. Und gegenüber in der Saftbar (im Gegensatz zu Saftladen) einen frischgepressten Karottensaft zu trinken. Das schmeckt so gut, man glaubt es kaum. Im Ernst. Frischer Karottensaft hat mit dem Pansch, den es bei uns in Flaschen zu kaufen gibt, und den man nur mit unterdrücktem Ekelgefühl aus übertriebenem Gesundheitswahn heraus zu sich nimmt, rein gar nichts zu tun. Der ist einfach nur echt lecker und beinahe fruchtig. Und gibt einem zudem angesichts der Schachtel Zigaretten, die man hier im übertragenen Sinne aufgrund des Smogs täglich einatmet, ein gutes Gefühl. Apropos Smog. Den merkt man auch gewaltig nach ca. 8 Stunden "Turibus"-Stadttour. Nach einigen Haltestellen merkt man deutlich, wie es in den Augen zu brennen beginnt und die in der Nase sticht, wenn man einatmet. Das kann bei Nichtmexikanern auch schon einmal zu Nasenbluten führen. Immerhin wirken die Dämpfe so beruhigend, dass man danach erst einmal wie ein Stein stundenlang schlafen kann. Auch wenn das für den Moment akzeptabel sein kann, bin ich allerdings froh, wenn ich wieder aus natürlicher Müdigkeit heraus und nicht aufgrund zu vieler Giftstoffe in der Luft einschlafe. Die Stadtrundfahrt lohnt sich trotzdem unbedingt, trotz und mit Smog, der nun einmal ein Teil dieser Stadt ist und es wohl, wenn die Autohersteller nicht schleunigst ihre Marktstrategien ändern und so etwas wie ein Umweltbewusstsein entwickeln, noch einige Zeit bleiben.
domingo, 1 de junio de 2008
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